Flüchtlinge in Deutschland: Wir können und müssen sie aufnehmen!

Ich habe lange gezögert, Texte über Flüchtlinge in Deutschland zu schreiben. Die ganze Diskussion ist recht komplex und wird emotional bis hysterisch geführt. Man kann sich daran eigentlich nur die Finger verbrennen. Warum ich in dieser Woche nun doch eine Textreihe dazu verfasse, hat nur einen Grund: Ich habe ein bisschen Ahnung vom Thema, weil ich sechs Jahre lang hier gearbeitet habe, weltweite Flüchtlingstragödien beobachtet und Flüchtlingen in Deutschland geholfen habe. Ahnung verpflichtet, also los.

Flüchtlinge in Deutschland haben es besser als im Nahen Osten und das ist gut so!

Diese Kirche in Jordanien ist zu klein, die Flüchtlinge müssen draußen mitbeten. Das Land hat knapp 7 Millionen Einwohner, über eine halbe Million davon sind Flüchtlinge.

Viele Menschen glauben, wir könnten nicht so viele Flüchtlinge aufnehmen. Das ist verständlich, denn man muss schon diverse nicht allzu offensichtliche Fakten kennen, um zu verstehen, warum wir schon aus Eigennutz so viele Flüchtlinge – vor allem aus dem Nahen Osten – aufnehmen sollten wie nur irgendwie möglich. Eine Liste dieser Fakten gibt’s morgen hier an gleicher Stelle, also klicken Sie rein!

Moralisch haben wir diese Verpflichtung darüber hinaus, weil wir nicht genug getan haben, um das herrschende Chaos in Afrika und im Nahen Osten zu verhindern und zu unterbinden. Die treibende destabilisierende Kraft im Nahen und Mittleren Osten heißt Saudi-Arabien. Ein totalitärer Staat und unser bester Buddy in der Region. Seinen Interessen haben wir im Nahen Osten die Irak-Kriege und den Islamischen Staat sowie in Afrika Boko Haram zu verdanken. Von dort stammt das allermeiste von dem, was man heute so „Islamismus“ nennt. Weil uns die Arabische Halbinsel immer schon wichtiger war als der Rest des Nahen Ostens – Israel eingeschlossen – und weil wir zu islamophob, xenophob und wirtschaftsfixiert waren, um die realen Zusammenhänge der Region erfassen zu wollen, haben wir es zugelassen, dass die vielfältige und größtenteils friedfertige islamische Kultur von finanzstarken Fanatikern aus Saudi-Arabien und dessen Satellitenstaaten zerschlagen, gleichgeschaltet und als „radikaler Islam“ wiederaufgebaut wurde. Herzlichen Glückwunsch, lieber Westen! Die Quittung ist dieser Flüchtlingsstrom.

Die Reaktion des offiziellen Deutschland und seiner Bürger auf diese Herausforderung macht mich bisher stolz. Die großartige Begrüßung der vorwiegend syrischen Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof Anfang September und die klaren Worte von Kanzlerin Angela Merkel sind genau das Gegenteil von dem, was jeder erwartet hätte, der nur das Mediengekreische für bare Münze genommen hat. Die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte sind die dunkle Seite der Medaille. Die Täter sind in meinen Augen große Kinder, die trotz Globalisierung und (vermutlich) eigenem Auto zumindest geistig noch nie über die Gassi-Reichweite ihres Kampfhundes hinausgekommen sind. Ihre Anstifter dagegen sind unserem Verfassungsschutz bekannt. Man muss sich daher ernsthaft fragen, wieso nicht energischer gegen diesen Rechtsterrorismus vorgegangen wird. Das ist eine noch unerledigte Hausaufgabe unserer Sicherheitskräfte.

Als Christ kommt für mich noch eine weitere Dimension hinzu: Die Geschichte vom Barmherzigen Samariter und die klare Aufforderung Jesu, jedem, aber auch wirklich jedem zu helfen, der Hilfe braucht, lässt nicht den kleinsten Raum für Sprüche wie „das Boot ist voll“. Selbst wenn das wahr wäre (was es in Deutschland keinesfalls ist), hätte ich als Christ die Verpflichtung, jeden mit in meinen Rettungsring zu nehmen, der ihn braucht. Wem das zu radikal ist, den verstehe ich. Wenn derjenige sich dann aber noch „Christ“ nennt, finde ich das irgendwie inkonsequent.

Kreative Texte: Welpling Släsch Werbetexter

Geld ist keins da. Nicht für kreative Texte, nicht für Staaten und auch nicht für dieses winzige rote Tierchen, das im Sommer immer über meine Terrasse krabbelt. „Rote Samtmilbe“ nennt sich dieses laufende Staubkorn Släsch Spinnentier. Man sagt jetzt ja nicht mehr „Querstrich“. Man sagt Slash und schreibt den englischen Schmarrn dann Deutsch, sagt der pensionierte Oberstudienrat. Släsch. Klingt wie eine Kölschrockband. Bläck Fööss, Släsch, Würg.

Kreative Texte von Werbetextern oder Welplingen, das ist hier die Frage!

Werbetexter schreiben gerne kreative Texte auf Bilder.

Weit verbreitet ist die Rote Samtmilbe in Mitteleuropa und das hat sie mit dem Beruf des Werbetexters gemein. Gemein wäre es, zu behaupten, sie sei genauso nützlich. Denn immerhin ist sie nützlicher als der „Winzige Purpurrote Welpling“. Dieses Tier wurde vom Internet zunächst ausgespuckt, als ich nach „winzigen roten Tierchen auf meiner Terrasse“ fahndete. Was das Internet eigentlich hätte wissen können, ist, dass der „Winzige Purpurrote Welpling“ nicht auf meiner Terrasse, sondern ausschließlich im virtuellen Sumpf des Onlinerollenspiels „World of Warcraft“ endemisch ist. Der Welpling sieht aus wie ein Drache und dient rein dekorativen Zwecken. Seine Haupteigenschaft ist, dass er „sehr selten droppt“. So jammern zumindest die Damen und Herren Onlinerollenspieler. „Droppen“ ist, wenn man ein Viech kloppt bis es Hops geht und es zum Dank sein gesamtes Hab und Gut fallen lässt. Fallen lassen ist Deutsch, droppen ist nicht Englisch. Heißt aber trotzdem so. Das gedroppte Zeug sammelt man auf und ist um ein paar Ork-Tampons reicher. Gemäß der Klopp-Dropp-Dialektik der Online-Gamer-Community droppt der Welpling ausschließlich aus Fabelwesen namens „Gnolle der Moosfelle“ oder „Fallensteller der Dunkeleisenzwerge“. Bei solch kryptischen Zuständen ist es verständlich, dass manche nicht aufs Droppen warten wollen und sich den Welpling einfach beim nächsten Schacherzwerg kaufen. Bis zu 15.000 Goldstücke will so ein Schacherzwerg für das Viech. Bringen tut der teure Welpling dem Spieler zwar nix, aber er sieht gut aus.

Es wäre gemein zu sagen: Ebenso wie ein Werbetexter. Wobei: Warum eigentlich? Dass Werbetexter die hübschesten Menschen auf Gottes Erdball sind, ist doch ein toller Claim. Egal ob Sommer oder Winter – immer finden sie Wege, ihre Brustbehaarung ans Tageslicht zu bringen. Sie duften wie die Toskana an einem schwülen Sommerabend und gebieten über beeindruckend glatte Haut. Regelmäßig wachsen sie sich die Oberlippe und singen dazu „I´ve got the power!“. Sie sind eine Augenweide. Geboren, um beglotzt zu werden. Gelesen jedoch … nun ja … urteilen Sie selbst:

„Tetra Pak Getränkekartons bestehen größtenteils aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz, das überwiegend aus verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern stammt.“

Tapfer formuliert. Mit Einschränkungen. So enthält der Satz zwei beliebte Schwafelwörter aus dem Arsenal jener, deren Leben auf Anraten ihrer Anwälte vor allem „auf der sicheren Seite“ zu verlaufen hat. „Größtenteils“ und „überwiegend“ sind grundsolide Abwiegelungsgeschwister. Nahe Verwandte von Onkel „oft“ und Tante „teilweise“, wenn auch nicht ganz so verkommen wie das öffentlich-rechtliche „offenbar“ und dessen eher in Zeitungen heimischer Halbbruder „offensichtlich“. Die Geschwister lassen manches offen. So zum Beispiel, welche Rohstoffe außer Holz bei der Herstellung von Tetra Paks denn nun noch zum Einsatz kommen? Plastik und Lerchenkotze? Man täts gern wissen und sein grünes Gewissen updaten. Noch mehr interessiert das Gewissen aber, woher das restliche Holz stammt. Jenes, das, wie das„überwiegend“ andeutet, nicht in den „verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern“ gedieh. Die Antwort kann nur sein, dass ein nicht zu vernachlässigender Teil unserer Tetra Paks von Fallenstellern der Dunkeleisenzwerge in der grünen Lunge des Amazonas raubgewildert und an gierige Schacherzwerge verhökert wurde.

Fiese Schacherzwerge! Bei all der Wachsamkeit, die hierzulande der Geißel des Rassismus und der Intoleranz entgegengebracht wird, kann man sich nur wundern, welche Ausgeburten des Antisemitismus einem unwidersprochen in Computerspielen begegnen. Die Gattung der Schacherzwerge ist das augenscheinlichste Beispiel. In so gut wie jedem Fantasy-Spiel begegnen einem bucklige Zwerge mit „hübschen Zinken“ (frei nach Walter Moers). Selbst an Backenbart und Löckchen mangelt es ihnen nicht. Werden die Spieleentwickler und Grafiker aber deswegen an den öffentlichen Pranger gestellt? Müssen sie Abbitte leisten und Michel Friedmans Haare ablecken? Nein, müssen sie nicht. Denn Herr Friedman verbringt seine Freizeit mitnichten damit, Winzige Purpurrote Welplinge zu jagen und dafür darf man ihn achten. Auch der Mossad hat seinerseits kein Interesse an Gnollen. Also schachern die Zwerge unwidersprochen weiter.

Doch genug von Fabelwesen und weiter im Tetra-Pak-Text:

„Werden die Tetra Paks nach Gebrauch in gelben Tonnen oder Säcken gesammelt, sind sie anschließend wieder verwertbar.“

Das ist schön. Schade allerdings, dass Tetra Paks absolut unverwertbar werden, sollte eine arme Seele sie – sagen wir – in roten Tonnen sammeln. Oder in Eimern. Oder unter dem Bett. Die wunderbaren Erzeugnisse aus Holz, Plastik und Lerchenkotze würden sich bei so einer Behandlung auf der Stelle kräuseln wie die Schuhe der Bösen Hexe des Ostens, würden schmelzen wie das Gesicht des die Bundeslade öffnenden Nazis im „Jäger des verlorenen Schatzes“, vergehen wie die Paarungsgelegenheiten eines Cineasten.

Daraus soll man Milch trinken?

Darum: Nur ansehen, nicht lesen, die Werbetexter. Manch andere Kreative muss man aber leider notgedrungen ranlassen. Zum Beispiel, wenn man sich eine eigene Internetseite zulegen will. Denn leider droppt gutes Design selten und Feld-, Wald- und Wiesenseiten nach dem Baukastensystem sind etwas für Klempner, Anwälte und sonstige Wurstfinger. Also den Experten geholt. Der sagt tausendmal „template“ in der Minute, das ist einigermaßen Englisch und heißt Schablone.  Weiß man also, was Schablone einigermaßen auf Englisch heißt und träumt die ganze Nacht vom wallenden Brusthaar des Experten. Am nächsten Morgen kitzelt einen die Sommersonne an der Nasenspitze. Fröhlich schlägt man die Augen auf und sieht, dass nicht die Sonne kitzelte, sondern ein Winziger Purpurroter Welpling, der einem auf der Brust hockt und dadurch das Designeralpdrücken verursacht hat. Ist man also endlich übergeschnappt, denkt man erleichtert, bis man den Laptop entdeckt in dem der Welpling haust und dessen Gebläse einem die Nippel steif pustet. Der Laptop drückte also wegen des Ranlassens. Musste man die Schablone doch überdenken. Bleibt nur ein Problem: Geld ist keins da.

Der Internetheini will aber welches und unterscheidet sich dadurch von Russlanddeutschen Wehrdienstleistenden. Die antworten auf jeden Befehl nämlich nicht „Jawoll“, sondern „Ich wiiiill nicht“ plus Begründung. Das erzählte mir ein befreundeter Hauptmann, der diese im militärischen Alltag vermutlich eher störende Russlanddeutsche Angewohnheit übrigens als sehr erfrischend empfand. Dem Frieden zuträglich ist sie wohl. Man stelle sich nur vor, wenn dem GröFaZ einst auf sein „seit 05:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen“ aus Millionen Wehrmachtskehlen ein „Ich wiiill nicht – is su früüüh!“ entgegengeschallt wäre. So eine Armee hätte man doch einfach nur liebhaben können. Wenn die Wehrmacht dann schön ausgeschlafen und gebruncht hätte, wäre sie, sagen wir gegen 11:45 Uhr, gähnend, und sich gemütlich am Hintern kratzend nach Polen geschlurft. Wäre unseren Großvätern Feindseligkeit entgegengeschlagen? Nicht doch. Durch ganz Polen wäre der Satz getönt: „Ach wie süß, die Deutschen kommen knuddeln!“ So hätte man sich durchs Land geherzt und bis zur russischen Grenze wäre unser Heer mit tausenden lustigen Schwejks verstärkt gewesen. „Briederchen!“ Mit offenen Schlagbäumen und die Wodkaflasche schwenkend hätte der Sowjet uns empfangen, schnell wäre man gemeinsam hinter den Ural getorkelt und hätte an die herrlichen russischen Birken gepieselt. Mit leuchtenden Augen wäre Opa heimgekehrt und hätte bis an sein Lebensende sehnsüchtig gemurmelt: „Ach ja, Sibirien!“ Verluste hätte es in diesem Zweiten Weltkuscheln, von einigen Schnapsleichen abgesehen, keine gegeben. Ach wie schön wäre eine Welt mit etwas mehr „ich wiiill nicht“!

(c) André Stiefenhofer 2015 – Performance anfragen: kontakt(ät)andre-stiefenhofer.de

Unsere täglichen Drogen gib uns heute

Neulich hab ich mir mal wieder Gedanken über das alte Thema „Legalize it!“ also den Sinn und Unsinn der Legalisierung von Cannabis gemacht und bin dabei derart abgeschweift, dass es interessant wurde.

Man braucht keine Drogen, um Dinge anders zu sehen.

„Eintritt für männliche Limbotänzer verboten.“ Kreative Menschen brauchen keine Drogen, um die Welt anders zu sehen!

Dass es rational gesehen Unsinn ist, Tabak und Alkohol zu erlauben, aber gleichzeitig Cannabis, LSD und Konsorten zu verbieten und die Nutzer damit zu kriminalisieren, ist keine Glaubensfrage, sondern eine inzwischen durch mehrere Studien belegte Tatsache. Wer das nicht glaubt, der höre einfach mal Professor David Nutt eine Stunde lang zu.

Die Verbotsfrage ist eine politische Frage, über die man sich aufregen kann oder nicht. Die Kernfrage stellt allerdings kaum einer, nämlich: „Warum brauche ich Drogen?“ Und jetzt sag bloß nicht „ich nehm keine“! Nach dem Aufstehen gibt’s erst einmal eine Tasse Kaffee. Im Büro die zweite, dritte, vierte, das macht munter. Nicht so schlimm? Genau so wenig wie Cannabis, zumindest falls Du eine Spinne bist. Denn dann fängst Du unter Koffeineinfluss viel weniger Fliegen, wie diese nette Studie belegt hat. Der Mensch tickt da anders, aber warum braucht er Drogen? Weil er ohne sie zu müde ist und unsere „böse“ Wirtschaft uns entfremdet hat?

Eine Droge ist eine Substanz, die etwas in unserem Körper verändert. In der Medizin wird diese Tatsache oft genutzt, um körperliche oder psychische Schmerzen zu lindern, Krämpfe zu lösen und zu entspannen. Aber wieso brauche ich als gesunder Mensch Drogen? Genau das habe ich einmal während einer Sendung auf Radio Horeb einen ehemaligen Heroin-Junkie gefragt. Seine Antwort hat mich überrascht:

„Jeder Drogenkonsum ist purer Egoismus“

In seinem Fall hat die Droge Heroin einen allumfassenden Lebensstil geschaffen, sie war der Mittelpunkt, um den er alles andere angeordnet hat: Freunde, Arbeit, Schlafrhythmus, alles. Warum er das tat? Langeweile, Flucht aus dem Alltag, aus dem Leben. Raus kam er da nur, indem er seinen Junkie-Lebensstil gegen einen komplett abstinenten Lebensstil eingetauscht hat. Statt Droge hat er nun Frau und Kinder, da bleibt wenig Zeit für Egoismus.

Nicht alles was schmeckt, ist gesund, sagt Mama.

Deine Drogen, meine Drogen, unsere Drogen …

Aus dieser Geschichte erspüre ich den Grund für die tägliche Droge. Es ist eine Lifestyle-Frage, dieses „das-brauch-ich-jetzt“. Der Kaffee als Stütze, um in den Tag starten zu können. Ich bin zu spät ins Bett, stehe zu früh auf, brauche-jetzt-etwas. Das tut mir nicht gut, besser wäre ein anderer Rhythmus, aber ich will nicht. Die Raucherpause: Raus aus dem Büro, in die Ecke allein oder mit Gleichgesinnten, Rauch in die Luft blasen, einen klaren Kopf kriegen, fokussiert sein. Das tut mir nicht gut, besser wäre mehr Sport und konzentriertes Arbeiten, aber ich will nicht, denn das-brauch-ich-jetzt. Ich will, dass ich mir das „besser gehn“ kaufen kann.

Und dann wundere ich mich, dass es mir nicht im Sommer mit seinen Grillabenden und Bierrunden am besten geht, sondern im Februar, in der Fastenzeit, wenn jede Droge inklusive Kaffee aus meinem Leben verbannt ist, der Sport mehr Bedeutung bekommt und das Miteinander. Hier geht’s nicht mehr die Frage, was der Staat verbieten sollte oder nicht. Hier fragt es sich nur: Was sollte ich selbst tun oder lassen?

„Ja, aber …“

Ja aber mein Job ist so stressig, ich schlafe so wenig, muss mich entspannen, es ist so gesellig, das brauch ich jetzt und Jesus hat ja auch Wasser in Wein verwandelt, um eine Hochzeit zu retten … Alles richtig und während ich diesen Text schreibe, steht neben mir ein dampfender Kaffee. Aber die Frage „warum mach ich das?“ treibt mich halt um. Ich weiß nicht, ob komplette Abstinenz die Antwort wäre. Wenn das in einen verbiesterten Lebensstil führt, wohl eher nicht. Ich weiß nur, dass es nicht heißt „unsere tägliche Droge gib uns heute“. Ein Denkanstoß, der weg führt vom moralischen Zeigefinger und näher zur Freiheit. Ob Cannabis oder Kaffee ist in dem Fall Wurst. Womit wir beim Thema „Fleisch“ wären, aber das ist eine andere Baustelle …

Gespenster und Arme Seelen: Glaub‘ ich das echt?

„Phantoms and ghosts are here by my side.“ Was Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow vor einigen Jahren so frei bekannte, dürften selbst viele Theologen eher brüsk von sich weisen. Gespenster, Phantome, übersinnliche Erscheinungen – das sind für aufgeklärte Menschen Betrügereien oder bestenfalls ein Fall für die Psychiatrie.

Doch ich glaube, jeder von uns hat schon einmal eine unerklärliche Erfahrung gemacht, etwas unheimliches erlebt. Wieso sonst sollten wir uns mit Gruselgeschichten so gut identifizieren können? Die Frage, wie wir uns das Erlebte im Nachhinein zurechterklären, soll hier mal egal sein. Denn natürlich gibt es immer wissenschaftlich einleuchtende Erklärungen für allerlei Phänomene – auch wenn diese Erklärungen wohl eher die Beobachter zufriedenstellen, als diejenigen, die so etwas selbst erleben. Mir geht es hier eher um die Frage, ob wir das Ungewöhnliche wahrnehmen und wie wir darauf reagieren (sollten).

... das sind aber keine Arme Seelen, sondern die Nahaufnahme einer Lampe.

Wenn Sie wollen, sehen Sie hier einen Geist …

Es gibt nämlich einen fundamentalen Unterschied zwischen den Helden eines Horrorromans und einem Christen. Während in einschlägigen Filmen und Büchern panisch geschrien, weggelaufen und durchgedreht wird, ist die Geschichte der Heiligen bei allen gruseligen Schilderungen doch recht unspektakulär. Und zwar deshalb, weil sie unglaublich cool blieben. Bestes Beispiel ist der heilige Pfarrer von Ars (hier eine sehr ausführliche Diplomarbeit über sein Leben). Von ihm wird berichtet, der Teufel, den er nur abschätzig „Grappin“ (= Greifer) nannte, habe ihn oft in der Nacht besucht, ihn mit kalten Klauen berührt, ihm Beleidigungen entgegengeschleudert und am Ende sogar sein Bett angezündet. Wie reagiert der Pfarrer aber darauf? „Ich hab‘ keine Zeit“, sagt er, dreht sich um und schläft weiter. Wow. Was für ein Spannungsvernichter!

Eine ähnlich lässige Art im Umgang mit übersinnlichen Dingen habe ich bei einer älteren Dame erlebt, die bis zu ihrem Tod neben mir gewohnt hat. Als ich frisch in meine damalige Wohnung eingezogen war, geschah allerlei Seltsames: Mitten in der Nacht huschte ein Licht im Flur herum, Schränke vibrierten und ich hörte jemanden meinen Namen rufen. Ich schob das Ganze als braver Akademiker auf den Umzugsstress und meine Nerven, erzählte aber doch meiner Nachbarin davon, die gerade die Fenster im Flur putzte. „Ach so, das ist nur der alte Herr Frantik, da brauchen’s sich nix denken“, sagte sie. Herr Frantik war mein verstorbener Vormieter. Ich stand wohl ziemlich perplex mit offenem Mund da, denn die nette alte Münchnerin hielt im Fensterputzen inne und sah mich belustigt an. „Ja san Sie jetzt katholisch oder net? Noch nie was von Armen Seelen gehört? Lassen’s a Messe für ihn lesen und des passt.“

Was soll ich sagen? Es passte. Nachdem ich für Herrn Frantik eine Heilige Messe bestellt und sicherheitshalber noch zusätzlich einen Priester mit dem Weihrauchfass durch meine Wohnung gejagt hatte, kam es nie wieder zu ähnlichen Phänomenen. Meine Nachbarin hingegen hatte ständig mit den „Armen Seelen“ zu tun. Sie sprach mit ihnen, betete für sie und als sie dann immer kränker wurde, sagte sie: „Herr Stiefenhofer, wenn I im Fegfeier bin, erschein ich Ihnen!“ Das war keine Drohung. Sie wollte mir damit einen Gefallen tun. Dass sie seitdem nicht mehr aufgetaucht ist, nehme ich als Zeichen dafür, neben einer Heiligen gelebt zu haben, die direkt in den Himmel zischen durfte. Genug Arme Seelen gerettet hat sie dafür auf alle Fälle.

Doch Stop! Moment! Glaub‘ ich jetzt echt ernsthaft an so was? Ich aufgeklärter, skeptischer Mensch? Also ich sag’s Ihnen ganz ehrlich: Trotz all dieser Erlebnisse hab ich immer noch das dumpfe Gefühl, dass irgendwie alles ganz anders ist … dass die Armen Seelen nicht einfach in der Gegend rumschwirren und Poltergeist spielen. Vielleicht spielt sich das Ganze ja auch nur in unseren Köpfen ab. Das ist aber im Grunde auch egal. Denn es gibt nur zwei Fragen zu klären: Glauben wir an das, was die Kirche lehrt? Und wenn ja, verhalten wir uns entsprechend? Entsprechend, das heißt: Cool wie der Heilige Pfarrer von Ars und engagiert betend wie meine Nachbarin. Denn wenn Himmel, Hölle, Fegfeuer und unsere unsterbliche Seele real sind, sollten wir das wohl schleunigst tun. Nicht dass wir am Ende noch enden wie Figuren in einem schlechten Horrorfilm …

Arme Seelen

Arme Seelen sind nach römisch-katholischer Tradition und Dogmatik Seelen im Fegefeuer, wohin sie durch die Entscheidung des Partikulargerichts (mit seiner

Arme Seelen und die Muttergottes – Fatima-Weltapostolat

Arme Seelen und die Muttergottes. 2. November 2014. Wie wirksam ist es… image_pdf · image_print. Veröffentlicht in Divers, Nachrichten. Vorheriger Beitrag Allerseelenablass gewinnen. Nächster Beitrag Unbefleckte Empfängnis, das …