Sünde erklärt: Dass man den christlichen Glauben gut verstehen kann, wenn man das Leben wie ein MMO-Rollenspiel sieht, habe ich letztes Mal erklärt. Heute geht’s darum, wie ich mich persönlich im Spiel verhalten sollte, um kompatibel für Version 2.0 zu werden. Denn mein Problem ist ein defekter Code in mir – die sogenannte „Sünde“. Deshalb glitche ich andauernd rum, renne gegen Türen statt sie zu öffnen und bleib in Gegenständen stecken.
Diesen Code bekomme ich genauso wenig aus mir raus wie im echten Leben meine Milz oder Leber. Er ist mit mir verwoben und selbst der beste Chirurg kann ihn nicht entfernen, ohne mich zu töten. Aber der göttliche Programmierer hat mir immerhin einen Sensor dafür eingebaut, wann der kaputte Code am Werk ist: Das Gewissen. Immer wenn ich glitche, klingeln in mir die Alarmglocken. Und je besser ich auf die höre, desto weniger folge ich dem kaputten Code.
Das mag zwar ein gangbarer Weg zu sein, um nicht allzu viel Mist zu bauen – eine Lösung ist es nicht. Denn kaputter Code bleibt kaputter Code und egal wie wenig ich auf ihn höre, schließt allein schon seine Existenz mich von Version 2.0 des Spiels (a.k.a. „Himmel“) aus. Ich kann mich nicht selbst reparieren und muss es auch nicht. Denn das hat der Programmierer bereits für mich getan, indem er selbst „ins Spiel kam“ und mir die Möglichkeit zum rebooten gab. Voraussetzung dafür ist, dass ich den Neustart auch will.
Wieso sollte ich das denn nicht wollen, fragt jetzt vielleicht der ein oder andere? Nun ja, vielleicht weil ich den kaputten Code und seine Auswirkungen eigentlich sehr cool finde. Weil ich den Kick liebe, wenn ich Erfolg und Geld hinterherhechle und links und rechts alle anderen niedermähe. Oder, weniger Gangsta und mehr Alltag: Weil ich lieber besoffen als nüchtern bin, weil ich gerne über andere lästere, es bei der Steuererklärung lieber nicht zu genau nehme und ab und an einfach mal gerne fremdgehe. Der kaputte Code zieht eine rote Spur durch unser Leben. Durch jedes. Keiner und Keine ist frei davon.
Das Überraschende an der christlichen Lehre ist nun: Es ist ihr völlig egal, wie schwer man den Codefehler am Einzelnen bemerkt. Ob Mörder oder Stehendpinkler, alle sind mal grundsätzlich nicht für Version 2.0 geeignet. Es sei denn, sie nehmen das Angebot des Programmierers und seines Vorbildes an. Dann ist alles gut. Und dann fällt es leichter, den kaputten Code zu ignorieren. Ein Vorbild, wie das gebrochene Innere überlistet werden kann, hat Gott selbst als Jesus Christus gegeben. Wer so handelt wie er, der schafft’s einigermaßen glitchfrei durch’s Leben.
So die Sünde erklärt wird vielleicht die ein oder andere bisher als unsinnig wahrgenommene kirchliche Lehre klarer:
Warum werden Abtreibung, Ehescheidung und gelebte Homosexualität abgelehnt?
Weil die Kirche sie als Auswirkungen des „kaputten Code“ des Menschen betrachtet.
Werden deshalb Schwule, Geschiedene oder radikale Feministinnen verdammt?
Wer das immer noch glaubt, hat weiter oben nicht aufmerksam genug gelesen.
Es geht um den Code, nicht um das Glitchen. Richtiges Handeln entspringt der Achtsamkeit auf den richtigen Code und aus der Abkehr vom falschen. Doch auch das tollste Handeln (Endgegner mit 100 Health PERFECT besiegt) kann den Code nicht reparieren. Das kann nur das Eingreifen des Programmierers. Und das ist: Gnade.