Die Fastenzeit mit Fight Club verstehen

Die katholische Kirche und Chuck Palahniuk mögen wenig miteinander zu tun haben – die Verfilmung seines Buchs „Fight Club“ eignet sich aber hervorragend als Start in die Fastenzeit.

Fastenzeit mit Fight Club

Jesus Christus statt Tyler Durden – darum geht’s in der Fastenzeit …

Die Fastenzeit mit Fight Club einzuläuten – das ist nicht so abwegig wie es klingt, denn einige Zitate aus dem Film scheinen quasi am Aschermittwoch geschrieben worden zu sein:

„Zuerst musst du wissen, nicht fürchten, sondern wissen, dass du einmal sterben wirst.“

Genau darum geht es am Aschermittwoch in der Kirche: „Gedenke, Mensch, dass du Staub bist und zu Staub zurückkehrst“, sagt der Priester, wenn er den (mehr oder weniger) Gläubigen ein Kreuz aus Asche auf den Kopf streut. Das Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit geht mir im Alltag oft komplett ab – in der Fastenzeit soll dieser Alltag durchbrochen und wieder auf tragfähige Fundamente gestellt werden. Dazu muss ich mir klar machen, was Fight-Club-Held Tyler Durden mit den folgenden Worten beschreibt:

„Du bist nicht dein Job! Du bist nicht das Geld auf deinem Konto! Nicht das Auto, das du fährst! Nicht der Inhalt deiner Brieftasche! Und nicht deine blöde Cargo-Hose! Du bist der singende, tanzende Abschaum der Welt.“

Wer ein Problem mit dem Begriff „Abschaum der Welt“ hat, dürfte vermutlich auch ein Problem mit dem Begriff „Sünde“ haben. Ohne die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen wäre aber die Fastenzeit und damit auch Ostern selbst sinnlos. Nur weil die ursprüngliche Krone der Schöpfung sich zum „Abschaum der Welt“ entwickelte, musste Gott seinen Sohn auf die Welt schicken. Nur weil sich der Mensch so weit von dem entfernt hatte, was er eigentlich ist, musste Jesus Christus sterben und auferstehen. Mal wieder herunterzukommen vom täglichen hohen Ross und meine eigene Erlösungsbedürftigkeit im ganzen Ausmaß zu begreifen – darum geht es in der österlichen Bußzeit. Nur wenn ich mir meiner Lage bewusst werde, kann ich mich ändern:

„Eine ganze Generation zapft Benzin, räumt Tische ab und schuftet als Schreibtischsklaven. Durch die Werbung sind wir heiß auf Klamotten und Autos, machen Jobs die wir hassen und kaufen Scheiße, die wir nicht brauchen. Wir wurden durch das Fernsehen in dem Glauben aufgezogen, dass wir alle mal Millionäre werden, Filmgötter, Rockstars. Werden wir aber nicht, und das wird uns langsam klar.“

Diese knallharte Analyse in „Fight Club“ unterscheidet sich nicht von der eines gläubigen Christen: Dieses materialistische „vor-sich-hin-leben“ bringt’s nicht, beutet mich nur aus, macht mich kaputt. Nur ist die Schlussfolgerung eines Christen eine andere als die in „Fight Club“. Während der Held dort einen wütenden Aufstand gegen die Gesellschaft beginnt und schließlich eine faschistische Terrororganisation gründet, um die Welt zurück in die Steinzeit zu bomben, findet die menschliche Verzweiflung im Christentum ein besseres Ventil: Ich muss mich ändern, nicht die anderen. Durch Gebet, intensive Suche nach Gott und aktive Nächstenliebe.

Das ist gelebte Fastenzeit und das tut mir gut.

Lesetipp: Mediale Betrachtungen in Zeiten des Terrors …

… oder vielleicht besser: Terrorbetrachtungen in Zeiten der Medien?

In der empfehlenswerten Tageszeitung „Die Tagespost“ habe ich die aktuelle Medienberichterstattung zur „Bedrohung“ durch den Terror aus Sicht der Theorien des Medienwissenschaftlers Marshall McLuhan beschrieben und einige biografische Hintergründe über den Katholiken McLuhan zusammengetragen.

Den Artikel finden Sie hier (klicken)!

Die Macht des Wortes erkennen.

Die Macht des Wortes in einem Satz:

„Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ (Joh 1, 14)

Zu solchen Bibelstellen nicken Gläubige brav mit dem Kopf und Atheisten zucken gleichgültig mit den Schultern. Was soll das bitteschön heißen: „Das Wort ist Fleisch geworden“? Die Gläubigen sagen „na klar“, damit ist die Geburt Jesu gemeint. Aber das beantwortet die Frage nicht. Jesus ist doch kein Wort! Klarer wird die Sache, wenn man den griechischen Originaltext betrachtet. Dort steht statt „Wort“ „Logos“ und das meint die ordnende, „logische“ Schöpfungskraft, durch die alles entstanden ist. „Das Wort“ ist nach diesem Verständnis der sinn- und planvolle Urknallverursacher, eine archaische Kraft aus Urzeiten, zeitlos und übermenschlich. Dieses „Wort“ wird Mensch. Schwächer und sterblicher geht’s kaum.

Ist das Rätsel damit gelöst? Gott ist das „Logos“ und in Jesus Christus Mensch geworden? Sozusagen „fleischgewordene Kommunikation“, wie ich es in diesem früheren Text hier ausgeführt habe? Ja, das ist ein wichtiger Aspekt, aber es geht noch weiter. Denn der christliche Gott ist dreifaltig: Ein Gott in drei Personen. Und jetzt habe ich einmal eine Frage an die Frommen: War Gott immer schon dreifaltig oder ist er es erst geworden? Jesus Christus gibt’s immerhin erst seit Mariä Empfängnis und der Heilige Geist entstand erst zu Pfingsten durch „Ausgießung“. Also: War Gott immer schon dreifaltig oder hat er sich erst später gespalten? Die Antwort sollte nicht schwer fallen:

„Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit.“ (Heb 13, 8)

Die Geburt Jesu Christi war eine Inkarnation, eine Fleischwerdung. Und das bedeutet, dass etwas bereits Vorhandenes in die Welt eintrat. Ebenso der Heilige Geist: Was „ausgegossen“ wird, muss bereits vorhanden sein. Gott streckt sich mit zwei seiner Personen in die Schöpfung hinein – ähnlich wie ein Mensch, der zwei seiner Arme unter Wasser taucht. Für viele Christen beginnt die Heilsgeschichte erst mit dem Evangelium. Sie vergessen dabei, dass es Gott und sein Wort schon immer gab und dass er gerade deshalb auch für Atheisten hochrelevant ist – ob sie es nun glauben oder nicht.

Macht des Wortes Wortmacht Machtwort

Die Macht des Wortes: Wortmacht oder Machtwort?

„Das Wort“ ist die Macht schlechthin, es hat die Welt erschaffen. Und das ist keine fromme Theorie, sondern empirisch nachprüfbar. Denn jeder Fortschritt in der menschlichen Kulturgeschichte fand entlang jener Innovationen statt, die „das Wort“ verstärkten, bündelten und auf eine neue Ebene hoben. Je perfekter die Möglichkeiten der menschlichen Kommunikation genutzt wurden, umso mehr Wohlstand herrschte. Einige historische Beispiele:

  • Die Erfindung der abstrakten Schriftzeichen des Alphabets läutete die Blütezeit der griechischen Philosophie ein. Der Mensch analysiert sich, erkennt sich, schafft die grundlegenden Begriffe der „Innenwelt“ und „Außenwelt“. Diese klaren Strukturen im Denken machen große Reiche wie das römische Imperium erst möglich, denn erst jetzt können effektive Verwaltung und Bürokratie entstehen.
  • Die Erfindung des Buchdrucks revolutioniert das Lernen: Lesen und Wissen sind von nun an nicht mehr nur einer Elite vorbehalten, die Bildung der Massen schreitet voran. Flugblätter und Bücher werden nicht mehr nur in den internationalen Gelehrtensprachen Latein und Griechisch veröffentlicht, sondern in den Landessprachen. Das erleichtert einerseits das „Lesen lernen“, andererseits entsteht dadurch auch ein zunehmendes National- und Gemeinschaftsbewusstsein.
  • Die elektronischen Medien Radio und Fernsehen entstehen erst, nachdem der Nationalstaat bereits seinen Zenit überschritten hat und zum Faschismus degenerierte. Sie machen die Kommunikation wieder ganzheitlicher erlebbar. Dem durch die Selbstanalyse inzwischen hochfragmentierten Menschen genügt es nicht mehr, Sachverhalte rational zu durchdringen. Er möchte Ereignisse auch emotional erfassen. Das „Infotainment“ in Fernsehen und Radio ist eine Erfüllung dieses Wunsches.
  • Mit dem Internet wird die redaktionelle Dienstleistung der Auswahl und Aufbereitung von Nachrichten automatisiert. Jeder ist nun gleichzeitig Sender und Empfänger. Was relevant ist, wird von Algorithmen ausgewählt und individuell auf den Nutzer zugeschnitten. Die Geschwindigkeit und Individualisierung von Kommunikation hat damit einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Wirtschaftliches Handeln wird zunehmend ins Internet verlagert.

Für all diese Innovationen gilt: Sie nutzen nur denen, die an ihnen teilhaben können oder wollen. Und immer besteht die Gefahr des Missbrauchs: Gesichtslose Bürokratie, kalter Materialismus, Faschismus, Datenklau und Big Brother – all das waren und sind böse Geister, die der Fortschritt mit sich brachte. Doch diese Ungeister haben in der Geschichte nicht gesiegt und werden auch in Zukunft nicht siegen. Denn die treibende Kraft in der Geschichte ist „das Wort“, das die Welt und die Menschheit immer mehr durchdringt. Ein Christ der im Vater Unser „Dein Reich komme“ sagt, aber das Internet und seine Folgeinnovationen ablehnt, hat darum etwas Grundlegendes nicht verstanden: Technologien sind keine Macht. Sie dienen der Macht des Wortes. Eine Macht, die in Armut und Elend in die Welt kam, um sie fundamental zu verändern:

„Ja, vergessen sind die früheren Nöte, sie sind meinen Augen entschwunden. Denn schon erschaffe ich einen neuen Himmel und eine neue Erde.“ (Jes 65, 17)

Diese Zeilen entstanden etwa 700 Jahre vor der Geburt Jesu, mehr als 2700 Jahre vor dem Internet. „Macht“ heißt nicht „Revolution“ und plötzlicher Umsturz. Doch „das Wort“ gestaltet die Geschichte. Lassen wir es zu.

Kommunikation für Christen: Praxis-Tipps vom Schöpfer

Kommunikation für Christen: Gottes Vorbild und mein Handeln …

Kommunikation ist aus christlicher Sicht ein schöpferischer Akt und prinzipielles Merkmal des Lebens. So weit, so abstrakt. Aber wie gelingt Kommunikation für Christen ganz konkret? Diese Frage beantwortet Gott selbst mit seinem Handeln – zum Beispiel ganz am Anfang der Bibel im Buch Genesis:

Kommunikation für Christen: Gott sprach und es wurde

Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser. Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Gott schied das Licht von der Finsternis und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht.
(Genesis 1, 1
-5)

Und bei der Berufung des Mose im Buch Exodus:

Da sagte Mose zu Gott: Gut, ich werde also zu den Israeliten kommen und ihnen sagen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt. Da werden sie mich fragen: Wie heißt er? Was soll ich ihnen darauf sagen? Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin der «Ich-bin-da». Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der «Ich-bin-da» hat mich zu euch gesandt. (Exodus, 3, 13+14)

Gott spricht in beiden Texten. Und immer gelingt ihm die Kommunikation geradezu explosiv: In Genesis erschafft er die Welt, in Exodus offenbart er sich den Menschen. Kommunikation bedeutet für Gott: Er greift direkt ein. Der in der Dreifaltigkeit angelegte Kommunikationskreislauf Gottes externalisiert sich und schafft Leben.

Mehr noch: Wenn Gott in der Genesis sagt „Es werde“, ist das im hebräischen Urtext mit demselben Wort ausgedrückt wie das „Ich bin“ im Exodus-Text (im Zitat fett hervorgehoben). Der Schöpfungsakt wird damit direkt auf das Wesen des Schöpfers zurückgeführt: Gott handelt, weil er ist und er kann nur schöpferisch handeln, weil er so ist, wie er ist. Seine Botschaft an Mose lautet also übersetzt: „Es gibt mich und ich habe Euch geschaffen – zieht daraus Eure Konsequenzen!“

Wie also kommuniziert Gott in beiden konkreten Beispielen? Auf keinen Fall wie ein Zeuge Jehovas, der von Tür zu Tür rennt und einem mit dem Wachturm vor’m Gesicht herumwedelt. Das ist keine Option in der Kommunikation für Christen. Gottes Handeln ist von seinem Sein untrennbar.

Gott kommuniziert, indem er ist. Und wir sollten das ebenfalls.

Das mag kompliziert klingen, dürfte aber auch jedem atheistischen Sinnsucher einleuchten: Sinn findet man nur, indem man die Dinge auf das Wesentliche reduziert. Und je wesentlicher etwas ist, desto schwerer wird es in Worte zu fassen. Von menschlicher Seite aus ist Gott nur erlebbar, nicht rational erfassbar, wie ich es hier bereits einmal skizziert habe (Gotteserfahrung ist Perzept, nicht Konzept).

Was heißt das nun konkret auf den Menschen und unsere Kommunikation untereinander übertragen? Auch unsere Kommunikation gelingt nur dann, wenn sie …

  1. … unserem Sein entspricht. Konkretes Beispiel: Auf wen hören wir mehr? Auf die in sich ruhende Großmutter, die leise behutsame Worte spricht oder auf den hyperventilierenden Fernsehprediger mit perfekt sitzenden Bibelsprüchen?
  2. … schöpferisch ist und nicht leer zurückkehrt (vgl. Jes. 55,11). Konkretes Beispiel: Dieser Beitrag von mir zum Katholikentags-Plakat ist erst mal nur eine Kritik. Zu gelungener Kommunikation würde er nur dann, wenn er etwas bewegen würde. Ob das der Fall ist, ist oft aber schwer zu beurteilen, da die Wirkung meist nur im Verborgenen geschieht.
  3. … unser Sein erweitert und ihm entströmt. Konkretes Beispiel: Peter macht am liebsten in Ruhe Bürokram. Beate liebt den Kontakt mit Menschen. Wer ist besser für den Kundenkontakt geeignet? Klar: Beate. Weil sie dann so sein darf, wie sie ist. (Einziges Problem: Manche Leute wissen nicht, wie sie sind. Sie denken, ganz toll mit Menschen umgehen zu können, sind aber dabei ganz arge Schreckschrauben (m/w)).

Man könnte diese Liste noch fortsetzen, doch ich möchte hier im Grunde nur dazu ermutigen, Gottes Beispiel: Erst kommt das Sein, dann kommt die Kommunikation für Christen. Wer (noch) keine Substanz hat, sollte erst einmal daran arbeiten, bevor er/sie die Welt mit seinen/ihren Ergüssen beglückt. In diesem Sinne möchte ich mit der mir lieb gewordenen goldenen Kommunikations-Regel schließen:

„Wenn Du nichts zu sagen hast, dann sag lieber nichts.“

Kommunikation für Christen: Biblische Grundlagen.

Kommunikation für Christen: Kenne die biblischen Grundlagen

Journalisten sind kritische Zeitgenossen und tun sich deshalb meist eher schwer mit Religion und Glauben. Selbst katholische Publizisten haben vor einiger Zeit in einer Umfrage erklärt, nicht ihren Glauben verkünden, sondern lediglich nüchtern berichten zu wollen. Da frage ich nach: Wenn Du nicht schreibst, was Du glaubst, was schreibst Du dann? Ich sage: Kommunikationswissenschaft sollte für Christen eigentlich die Königsdisziplin sein – mindestens gleichauf mit der Theologie. Die Bibel gehört kommunikationswissenschaftlich betrachtet, damit man die Grundlagen seines Tuns versteht. Los geht es mit dem Anfang des Johannes-Evangeliums:

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.  In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.

(Johannes 1, 1-2)

Kommunikation für Christen - Gott ist Kommunikation

Gott ist Kommunikation

Man lasse sich das auf der Zunge zergehen: Kommunikation stand am Anfang der Schöpfung. Gott kommunizierte, ja: Er war Kommunikation. Was das bedeutet, ist vielschichtig:

Zum einen ist das ein Hinweis auf die Dreifaltigkeit Gottes. Dreifaltig, das bedeutet, dass Gott sich in sich selbst genug ist. Er braucht keine Menschen und keine Schöpfung und er braucht sie deshalb nicht, weil er aus einem in sich geschlossenen Kommunikationskreislauf besteht. „Vater“, „Sohn“ und „Heiliger Geist“ – drei inhaltsreiche theologische Begriffe, die an dieser Stelle der Einfachheit halber nur für drei „personalisierte Eigenschaften“ Gottes stehen sollen – sind in erfüllter Kommunikation versunken und existieren ohne Not und Mangel. Deshalb kann man sagen: Gott ist Kommunikation. Nicht ausschließlich natürlich, aber es ist ein wichtiger Aspekt.

Von diesem Grundsatz erzählen die ersten beiden Sätze des Johannes-Evangeliums. Im dritten Satz wird die Schöpfung erzählt: Alles wird geschaffen, wodurch? Wieder durch „das Wort“, die Kommunikation! Diesmal durch die aus der göttlichen Sphäre ausströmende Kommunikation. Wissenschaftlich formuliert hat Gott also einen rein intrinsischen Vorgang externalisiert. Das war neu, kreativ und innovativ. Geschaffen wurde dadurch nicht nur ein Kommunikationsstrom vom Schöpfer aus, sondern alles, was nicht direkt Gott ist: Zeit, Raum, Materie, Leben. Der Moment, in dem Gott die Kommunikation nach außen wandte, war der christliche Urknall.

Hätten wir also Gott und die Schöpfung in vier Sätzen erklärt bekommen. Doch Moment, da steht: „Das Wort war Gott“. Ist Gott also ausschließlich Kommunikation, etwas Unpersönliches? Nein, denn „das Wort“ im griechischen Original heißt „Logos“. Und das bedeutet nicht nur „Wort“, sondern auch „Sinn“ und wurde oft als Synonym für „Gott“ verwendet. Logos, das heißt: manifestiertes, fleischgewordenes Wort. Logos, das heißt kommunikationswissenschaftlich formuliert: Die greifbare und persönliche Externalisierung Gottes in der Schöpfung durch Materie gewordene Kommunikation.

Christen nennen diese „Externalisierung“ Jesus Christus. Vereinfacht gesagt heißt „Das Wort war Gott“ also: „Jesus Christus war Gott.“ Daher gehört Kommunikation für Christen zum Glaubensbekenntnis.

Sternenhimmel Jordanien - Licht und Finsternis

Licht und Finsternis – Der Sternenhimmel über der jordanischen Wüste.

Ein letzter Aspekt: Im Wort war das Leben und das Leben war das Licht. Es leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. Nachdem bisher nur von Schöpfung und Leben die Rede war, lenkt Johannes nun den Blick auf das Gegenteil: Die Finsternis. Diese ist aber keine Nicht-Kommunikation, sonst wären Schweigemönche arge Ketzer. Nein, die Finsternis wird hier als das Gegenteil von Leben dargestellt. Mehr noch: Als die Umgebung, das externe Umfeld des Lebens. Merken wir was? Das Leben und die Schöpfung verhalten sich zur Finsternis wie sich Gott vor der Schöpfung zu seiner nichtexistenten Umgebung verhalten hat: Die Schöpfung ist wie Gott selbst ein in sich geschlossener Kommunikationskreislauf der allein durch seine Existenz leuchtet und den die Nichtexistenz nicht erfassen kann. Was nun also ist die Aufgabe dieser Schöpfung? Natürlich den Schöpfer zu imitieren: Den intrinsischen Vorgang zu externalisieren, selbst schöpferisch tätig zu sein, Gottes Schöpfung auszuweiten und „die Finsternis“ zurückzudrängen.

Das, liebe Leute, ist Kommunikation für Christen:
Ein leidenschaftlicher Schöpfungsvorgang, der Neues hervorbringt.
Keine neutrale Nabelschau, sondern ein Lebensspendendes Heilsystem.

Moment. System? Alle Soziologen und Kommunikationswissenschaftler unter meinen Lesern sollten nun Schnappatmung bekommen, denn, jawohl: Was hier in Johannes 1, 1-2 kurz und knapp zusammengefasst wird hat der gute Prof. Dr. Niklas Luhmann in über jahrzehntelanger harter Arbeit völlig untheologisch als Beschreibung der menschlichen Gesellschaft ausgearbeitet – nachzulesen in seiner Systemtheorie.

Ich lasse Sie das mal googlen und verabschiede mich für heute bis zum nächsten Mal – denn es gibt noch mehr Lehrstücke aus der Bibel zum Thema „Kommunikation für Christen“.

Katholikentag 2016: Das Leiden Christi und das ZdK.

Vergangene Woche bekam ich per Post die Einladung zum Katholikentag 2016.

Nun bin ich per se kein Großveranstaltungsmensch und enthalte mich daher normalerweise der Kritik an solchen Veranstaltungen. Ich würde schließlich auch keine Bierkritik von jemandem lesen wollen, der Bier nicht ausstehen kann. Doch dieser Werbebrief war nun so „besonders“, dass ich ihn zumindest mal einem Dreijährigen zeigen musste. Denn alle im Design tätigen Menschen wissen: Kinder haben ein feines Gefühl für das Wesentliche und einen untrüglichen eingebauten Bullshit-Detektor.

KT-Leipzig_Plakat1-Frau-Kritik, Katholikentag 2016

„Mama, warum ist der Frau schlecht?“ fragte das Kind daraufhin seine Mutter. Warum es das dachte, ist schnell erklärt: Die Dame ist grün im Gesicht! Das ist vielleicht ein Wunschtraum von Katrin Göring-Eckart, aber sonst eher weniger gesund. Was wollte mir das „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ (ZdK) mit seiner Einladung sagen? „Uns ist schlecht, aber wir kommen trotzdem zum Katholikentag 2016“?

Nun gehe ich einmal optimistisch davon aus, dass die Farben des Bildes nicht aus parteipolitischen Präferenzen heraus ausgewählt wurden (wobei auch das leider möglich ist). Bestimmt wollen sie gemeinsam mit dem Bildmotiv etwas über den Inhalt des Katholikentages und das Leitwort „Seht, da ist der Mensch“ aussagen. Schau ich also auf die Seite des Katholikentag 2016 und lese dort:

„Seht, da ist der Mensch“ ist ein Leitwort, das Position bezieht. Es lenkt den Blick auf die Leidenden, Benachteiligten, Verfolgten, auf die Schwachen in unserer Welt. Die Bibel überliefert, dass es ist ein Richter war (sic!), der voll Spott diese Worte an sein Publikum richtete und dabei auf einen Angeklagten zeigte, den er auf grausamste Weise hat demütigen und foltern lassen, den er zutiefst in seiner Würde verletzen wollte. Wenn Pontius Pilatus auf den gefolterten und verspotteten Jesus zeigte und die Worte sprach, die für das Leitwort des Katholikentags ausgewählt wurden, „Seht, da ist der Mensch“, dann zeigte er in diesem Menschen Jesus auf den Menschen schlechthin, der da hängen gelassen wurde, draußen vor den Toren der Stadt, ausgegrenzt, am Ende. Aber er zeigte auch auf den Gott, an den wir Christen glauben, einen Gott, der mit den Menschen leidet.

„Ecce homo“, ah, verstehe! Man wollte also einen auf grausamste Weise gedemütigten, benachteiligten Menschen darstellen. Einen, der trotz Rollkragenpulli furchtbar friert, wie die tapfer verschränkten Arme andeuten. Hier, meine Damen und Herren, sehen Sie das Leiden Christi von heute: Kein Kriegsopfer, kein Vertriebener oder Flüchtling, kein Obdachloser, kein Ausgegrenzter. Nein, das Leiden Christi ist heute nach Meinung des Katholikentag 2016 offenbar:

Eine frierende grün-rote Frau im Rollkragenpulli, der ganz doll schlecht ist.

Jetzt ist mir auch schlecht.

Das Papst Franziskus Rezept: Perzept statt Konzept.

Große Verwirrung stiftet Papst Franziskus gerne in allen Kirchenlagern.

Einerseits benennt er klar und deutlich die moralischen Probleme unserer Zeit: Er geißelt Gender-Ideologie und Abtreibung als inakzeptabel, kritisiert Kapitalismus und Auflösung der Familie. Andererseits ist er der Rockstar unter den Päpsten und bringt verwirrende Aktionen, die selbst Jesse Pinkman den Mund offen stehen lassen würden – so wie neulich die Tischzauberer-Nummer während seines USA-Besuchs. Diesen PR-Einlagen lässt er auch konzeptionell Taten Folgen: Er beruft die Familiensynode ein, senkt bürokratische Hürden im Ehenichtigkeitsverfahren, ruft ein Gnadenjahr der Barmherzigkeit aus und verlangt mehr Bescheidenheit von Amtsträgern und Gläubigen.

Papst Franziskus - Bild von Agência Brasil

Papst Franziskus – Bild von Agência Brasil

Was so viele verwirrt ist eine geniale Kommunikationsstrategie, die in der Kirche längst fällig war: Nachdem sich Jahrhundertelang Päpste nur in kompliziert verschwurbelten bürokratischen Ergüssen an die Öffentlichkeit gewandt haben, ignoriert hier einer plötzlich sogar die Printform. Papst Franziskus setzt vor allem Zeichen, Bilder und Gesten ein, um den Menschen den Glauben zu vermitteln. Damit setzt er mehr auf gelebten Glauben, Taten und Bekenntnis, weniger auf Wissen, Kenntnis und theologischen Tiefgang. Wer durch Franziskus zum Glauben kommt, muss nicht unbedingt wissen, was er da glaubt. Entscheidend ist, dass er es „fühlt“ und glaubwürdig lebt. Fans seines Vorgängers Benedikt XVI., des wohl gelehrtesten Papstes der letzten Jahrhunderte, verstört das. Ich gebe zu, ich bin so ein Benedikt-Fan. Es war die scharfe analytische Kraft Ratzingers, die mich fasziniert und stark an den katholischen Glauben gebunden hat. Aber um durch Benedikt zum Glauben zu kommen, muss man enorm viel lesen. Franziskus muss man nur zusehen.

Papst Franziskus setzt auf Perzept statt Konzept

Franziskus erfüllt eine Forderung, die der Medienforscher Marshall McLuhan bereits in den 1960er Jahren an die katholische Kirche gestellt hat: Im elektronischen Kommunikationszeitalter darf sie nicht mehr argumentieren und missionieren wie zu Zeiten des Buchdruck-Monopols. Die erhöhte Kommunikationsgeschwindigkeit dezentralisiert, stellt die vatikanische Bürokratie vor unlösbare Kommunikationsprobleme. Der Jahrhundertelang vorherrschende Versuch, den Glauben als „Konzept“ rational zu vermitteln, wird im Zeitalter elektronischer Medien sinnlos. Fernsehen, Radio und Internet appellieren nicht an unsere linke Gehirnhälfte, die für Analyse zuständig ist. Sie sprechen unsere rechte Hirnhälfte an, die jedes Phänomen ganzheitlich erfassen will. Wenn also heute jemand Armut predigt, aber hinter dem prunkvollen Petersdom wohnt, können wir das nicht akzeptieren. Da kann man argumentieren so viel man will (und es gibt gute Argumente für den Prunk), aber der Augenschein dominiert und die Kirche wird deshalb unglaubwürdig. Franziskus hat das erkannt. Darum vermittelt er den Glauben nicht als Konzept, sondern als Perzept, als subjektive Wahrnehmung.

Folgt man McLuhan, und das tue ich hier, macht Franziskus damit alles richtig. Er folgt dem Vorbild der Heiligen, die alle eines auszeichnet: Sie leben in der Gegenwart. Die Vergangenheit zählt nicht, wurde zurückgelassen. Alles, was sie begleitet, ist das lebendige Wort Gottes, der Logos, Mensch geworden in Jesus Christus und niedergeschrieben im Evangelium. Es ist die Richtschnur für das Handeln der Heiligen und indem er ihnen folgt, hat Franziskus die richtige Richtung vorgegeben. Statt lieber in der sicheren Gewissheit der Vergangenheit zu leben, betritt er Neuland und erfüllt damit die Beschreibung McLuhans für Heilige:

„Heilige wollen in der Gegenwart leben. Darum sind sie unerträglich“

Gelebter Glaube statt theologischen Grabenkämpfen – ein Stein des Anstoßes statt gemütliches Fundament. Mit diesem Papst an der Spitze muss einem nicht bange sein.

Mein „defekter Code“: Die Sünde erklärt

Sünde erklärt: Dass man den christlichen Glauben gut verstehen kann, wenn man das Leben wie ein MMO-Rollenspiel sieht, habe ich letztes Mal erklärt. Heute geht’s darum, wie ich mich persönlich im Spiel verhalten sollte, um kompatibel für Version 2.0 zu werden. Denn mein Problem ist ein defekter Code in mir – die sogenannte „Sünde“. Deshalb glitche ich andauernd rum, renne gegen Türen statt sie zu öffnen und bleib in Gegenständen stecken.

Mein defekter Code - Die Sünde erklärt durch Computerspiele - Sünde einfach erklärt

Sünde und Vergebung – erklärt für Gamer …

Diesen Code bekomme ich genauso wenig aus mir raus wie im echten Leben meine Milz oder Leber. Er ist mit mir verwoben und selbst der beste Chirurg kann ihn nicht entfernen, ohne mich zu töten. Aber der göttliche Programmierer hat mir immerhin einen Sensor dafür eingebaut, wann der kaputte Code am Werk ist: Das Gewissen. Immer wenn ich glitche, klingeln in mir die Alarmglocken. Und je besser ich auf die höre, desto weniger folge ich dem kaputten Code.

Das mag zwar ein gangbarer Weg zu sein, um nicht allzu viel Mist zu bauen – eine Lösung ist es nicht. Denn kaputter Code bleibt kaputter Code und egal wie wenig ich auf ihn höre, schließt allein schon seine Existenz mich von Version 2.0 des Spiels (a.k.a. „Himmel“) aus. Ich kann mich nicht selbst reparieren und muss es auch nicht. Denn das hat der Programmierer bereits für mich getan, indem er selbst „ins Spiel kam“ und mir die Möglichkeit zum rebooten gab. Voraussetzung dafür ist, dass ich den Neustart auch will.

Wieso sollte ich das denn nicht wollen, fragt jetzt vielleicht der ein oder andere? Nun ja, vielleicht weil ich den kaputten Code und seine Auswirkungen eigentlich sehr cool finde. Weil ich den Kick liebe, wenn ich Erfolg und Geld hinterherhechle und links und rechts alle anderen niedermähe. Oder, weniger Gangsta und mehr Alltag: Weil ich lieber besoffen als nüchtern bin, weil ich gerne über andere lästere, es bei der Steuererklärung lieber nicht zu genau nehme und ab und an einfach mal gerne fremdgehe. Der kaputte Code zieht eine rote Spur durch unser Leben. Durch jedes. Keiner und Keine ist frei davon.

Das Überraschende an der christlichen Lehre ist nun: Es ist ihr völlig egal, wie schwer man den Codefehler am Einzelnen bemerkt. Ob Mörder oder Stehendpinkler, alle sind mal grundsätzlich nicht für Version 2.0 geeignet. Es sei denn, sie nehmen das Angebot des Programmierers und seines Vorbildes an. Dann ist alles gut. Und dann fällt es leichter, den kaputten Code zu ignorieren. Ein Vorbild, wie das gebrochene Innere überlistet werden kann, hat Gott selbst als Jesus Christus gegeben. Wer so handelt wie er, der schafft’s einigermaßen glitchfrei durch’s Leben.

So die Sünde erklärt wird vielleicht die ein oder andere bisher als unsinnig wahrgenommene kirchliche Lehre klarer:

Warum werden Abtreibung, Ehescheidung und gelebte Homosexualität abgelehnt?
Weil die Kirche sie als Auswirkungen des „kaputten Code“ des Menschen betrachtet.

Werden deshalb Schwule, Geschiedene oder radikale Feministinnen verdammt?
Wer das immer noch glaubt, hat weiter oben nicht aufmerksam genug gelesen.

Es geht um den Code, nicht um das Glitchen. Richtiges Handeln entspringt der Achtsamkeit auf den richtigen Code und aus der Abkehr vom falschen. Doch auch das tollste Handeln (Endgegner mit 100 Health PERFECT besiegt) kann den Code nicht reparieren. Das kann nur das Eingreifen des Programmierers. Und das ist: Gnade.

Das Evangelium für Gamer erklärt

Passt auf liebe Gamer, ich verkünde Euch eine frohe Botschaft:
Der christliche Glaube sagt, dass wir in einem gigantischen von Gott programmierten MMO-Rollenspiel leben. Doch das Programm machte Probleme. Nach einigen Milliarden Jahren hatte sich ein gewaltiger Haufen Bugs angesammelt, der das Spielen mehr und mehr unmöglich machte und den Programmierer zur Verzweiflung trieb.

Frohe Botschaft Evangelium für Gamer für Computerspieler

Jedem Tierchen sein Plaisierchen …

Das Programm war derart verkorkst, dass man es eigentlich hätte löschen und komplett neu hätte schreiben müssen. Das hat der göttliche Programmierer auch gemacht, nur konnte er die Charaktere aus Version 1.0 wegen des verkorksten Codes nicht funktionstüchtig in Version 2.0 überführen. Damit kam er gar nicht klar, denn die Jungs und Mädels waren alle so was von hochgelevelt, hatten derbe Spezialskins, Flammenschwerter hoch zehn, also was soll ich sagen: Er liebte einfach jeden einzelnen Charakter unbändig! Um den Import in Version 2.0 dennoch zu stemmen, ergriff Gott daher drastische Maßnahmen, machte einen auf Tron und wurde selbst zum Spielcharakter: Level 1, unbewaffnet, kein auffälliger Background.

Auf seiner Reparaturmission fuhr er eine Doppelstrategie: Er zeigte den Charakteren, wie sie die Bugs umgehen konnten (z.B.: „Nein, rennt nicht 1000 mal gegen diese bescheuerte Tür, sondern macht sie halt einfach auf, verdammt!“). Und gleichzeitig fing er an, das Programm von innen heraus umzuschreiben, komplett neue Definitionen und Spielregeln einzubinden.

Als er damit fertig war, fehlte nur noch eins: Das Rebooten, der Neustart. Und weil Gott der genialste Programmierer aller Zeiten ist, schaffte er es, den kompletten Programmcode in seinen eigenen In-Game-Charakter einzubinden, so dass er nur diesen Charakter zum Implementieren neu starten musste und nicht das gesamte Programm. Der Neustart dauerte drei ganze Tage, dann respawnte Gottes Charakter und damit auch er selbst (der Part ist echt hirnverrenkend). Das sorgte für einen gehörigen Tumult, denn dieser Skill war bisher noch nicht freigeschalten gewesen – der funktionierte erst seit dem Reboot.

Ja und seitdem ist das Programm vom Code her gerettet, sprich: Es läuft stabiler als früher. Probleme bereiten aber nach wie vor die Bugs – denn weil eben nicht das ganze Programm neu gestartet werden konnte (um die Charaktere zu retten) sind die Fehler weiterhin vorhanden und es gibt noch immer Millionen Idioten, die in Gegenständen feststecken, mit dem Kopf gegen Türen laufen oder sonstwie rumspacken. Ist im Prinzip kein Problem, denn sobald sie „sterben“, kommen sie in die Reboot-Phase (a.k.a. „Fegefeuer“), der neue Programmcode wird implementiert und sie landen in der geheimnisvollen „Version 2.0“ des Spiels (a.k.a. „Himmel“). Allerdings, und hier wird’s jetzt richtig kompliziert, kommen Sie da nur hin, wenn sie in Version 1.0 ihre Zustimmung dazu gegeben haben.

Ganz richtig, Gott heißt nicht Mark Zuckerberg und darum ist ihm der freie Wille (a.k.a. Datenschutz) ein derart großes Anliegen, dass er den Spielcharakteren während des Games andauernd „Ich stimme zu“-Anklickboxen unter die Nase hält. Die sind künstlerisch nur feiner gemacht: Man stimmt nämlich immer dann zu, wenn man sich so verhält, wie es der Spielcharakter Gottes gemacht hätte. Dann aktiviert man den neu geschriebenen Code in sich selbst und sagt „ja“ zu Version 2.0. Wenn man das einmal verpasst hat – keine Sorge, die Anklickboxen schwirren dauernd herum. Es ist nie zu spät, um das Häkchen zu setzen.

Und was passiert mit denen, die einfach herumspacken wollen? Die das Häkchen nie setzen und es immer in vollem Bewusstsein ablehnen? Nun, auch das akzeptiert Gott. Für diese Typen hat der bekannte russische Hacker Sergej Atan Version 6.6.6. des Spiels geschrieben. Diese Version fühlt sich für den Charakter ungefähr so an, als müsse er bei nicht (zu)mute-barem Soundtrack einer japanischen Black-Metal-Band mit unaussprechlichem Namen und zickzackdornenreichem Logo  „Der Planer“ zocken und aus dem Augenwinkel dabei zusehen, wie die kleine Schwester das neue Pre-Release von Assassins Creed ausprobiert und dabei von Gronkh gestreichelt wird. Nicht schön.

So weit Schöpfung, Sündenfall, Erlösung, Himmel, Hölle, die groben Glaubensfakten und das Evangelium für Gamer halt. Demnächst an dieser Stelle: Wie ich den richtigen Code erkenne und mit dem rumspacken aufhören kann …

Das Wesentliche und seine Nebenwirkung

Stell Dir den Moment vor, in dem Du stirbst. Diesen konkreten Moment in der Zukunft, von dem Du mit absoluter Sicherheit weißt, dass es ihn geben wird. Verwende zehn Sekunden darauf, Dir Deinen Tod ganz konkret vorzustellen, danach lies weiter.

Memento mori - Glauben an die Auferstehung

Grabstein in Freiburg

Fertig? Nun, egal, ob Du Dir Dein Ableben eben als schwebenden Übergang in ein anderes Leben oder als reines ausgeknipst-werden vorgestellt hast: Was Du dabei gespürt und gedacht hast, war das Wesentliche: Die Frage nach der menschlichen Existenz und dem Sinn. Du hast Dir den Moment ausgemalt, von dem die christliche Botschaft ausgeht. Christen behaupten nicht weniger, als dass es einmal jemanden gab, der gestorben ist und wieder auferstand. Und das meinen wir wörtlich, das macht unseren Glauben aus. Was über Jahrhunderte hinweg ein Skandal war, ist für die Menschen heute ganz leicht zu verstehen, denn schließlich kennen wir die Wiederauferstehung zur Genüge aus Computerspielen. Aber das hier ist kein Spiel, es ist ernst. Denn durch seine Auferstehung hat Christus – wie der Gamer sagt – den „Skill“ Auferstehung für die gesamte Menschheit freigeschaltet. Keiner muss mehr tot bleiben, es geht weiter. Die Frage, was das konkret heißen soll, ist nicht Thema dieses Texts. Nur so viel: Das Ausbleiben christlicher Zombiehorden ist ein dezenter Hinweis darauf, dass unsere menschlichen Körper nicht zum Recycling gedacht sind. Es ist alles ganz anders.

Die Freischaltung des Skills „Auferstehung“ durch Jesus Christus ist das Wesentliche am christlichen Glauben. 

Gott ist Mensch geworden und hat seine ganze Schöpfung umgekrempelt, um uns aus der Bredouille zu ziehen. Warum das nötig war, auch davon soll ein andermal die Rede sein. Hier nur so viel: Wir waren Schuld. Du, ich, Tante Erna und der süße kleine Kevin tragen Spuren dieser Schuld immer noch in uns. Das ist der christliche Glaube. Tod, Leben, Sünde, Erlösung. Übersinnlich, Irrational, mystisch. Darum geht’s.

Aber worüber reden wir Christen?

Über Meinungshoheit, linke oder rechte Politikfantasien, Homosexualität, Frauenrechte, Kita-Plätze, Elterngeld, Abtreibung, die US-Wahlen, die mörderischen Vollidioten unserer und anderer Religionen. Wir folgen dem Nachrichtenwert: Wenn etwas stinkt, knallt, kracht und idealerweise noch in der Nähe geschieht, ist es berichtenswert. Das ist ein Mediengesetz und das bedeutet, es ist nicht gut und nicht schlecht, sondern, wie der Österreicher sagt, „es is a so“. Ein Naturgesetz, das der Sache innewohnt. Die Kirche folgt diesem Naturgesetz, obwohl es ihr egal sein könnte und müsste. Denn was stinkt, knallt und kracht ist nicht das Wesentliche. Es ist eine Nebenwirkung. Das heißt nicht, dass wir darüber nicht reden dürfen. Es heißt nur, dass wir uns diesen Themen vom Wesentlichen, vom Kern unseres Glaubens her nähern sollten und nicht aus der Überheblichkeit unserer Studier- oder Redaktionsstuben. Das wahre Wissen der Kirche war immer schon erbetet, reine Gnade.

Wir sind noch keine Menschen …

Weil wir nicht mehr beten, werden wir nur noch durch unsere Äußerungen zu den Nebenwirkungen wahrgenommen. Wir schweigen zum Wesentlichen in der Öffentlichkeit. Stattdessen diskutieren wir lang, breit und lieblos über Sozialthemen oder die rechtlichen Implikationen kirchlicher Trägerschaft, erklären aber niemandem mehr, warum die Kirche sich überhaupt sozial engagiert. Nicht aus politischem Interesse oder damit die Leute aus Not unserem Verein beitreten. Sondern weil der Urgrund der Kirche es verlangt. Weil der Gott, der Mensch wurde, von uns verlangt, Mensch zu werden. Daraus folgt: Wir sind noch keine Menschen. Wir sind Sünder, brauchen Erlösung und wenn wir die nicht haben, können wir zehntausend Waisenhäuser gründen und fahren trotzdem zur Hölle. So rum wird ein Schuh draus und wenn wir das verkünden, werden wir verstanden. Aber Sünde und Sühne, Himmel und Hölle, Verdammnis und Erlösung sind abgeschafft.

Die Kirche wird in Deutschland nur noch als Nachklang des Wesentlichen wahrgenommen, als eine Institution gewordene Nebenwirkung der Erlösung.

Darum werden wir nicht mehr verstanden. Wir werden nicht verstanden, weil unsere Pfarreien oft nurmehr zünftige Traditionsvereine mit salbungsvollem Inhalt sind, doch keine brennenden Gebetszellen angehender Mystiker. Ein Symptom davon ist unsere Kirchenarchitektur: Eine gotische Kathedrale atmete noch das Evangelium, an jeder Ecke war sie Architektur gewordene Katechese. Sie strebte zu höherem, spornte den Menschen an, hielt hunderte versteckte Wahrheiten bereit, die es zu entdecken galt. Aus dem Kirchengebäude sollte der Heilige Geist sprechen, doch heute dünsten die grauen Betonwände meist eher akute Depression aus. Wenn das angeblich so hirnlose und leibfeindliche Mittelalter schönere Gotteshäuser hervorgebracht hat als unsere Komfort- und Genussgesellschaft, sollten wir wohl besser selbst wieder etwas hirnloser und leibfeindlicher werden.

Grab aus dem hirnlosen Mittelalter (im Freiburger Dom)

Grab aus dem hirnlosen Mittelalter

Doch Sarkasmus beiseite und zurück zum Kern: Die deutsche Kirche hat in ihrer Kommunikation das Übersinnliche, die Transzendenz inzwischen weitgehend ausgesperrt und thematisiert – wie alle anderen gesellschaftlichen Akteure – vorwiegend das Banale. Jammern hilft da jedoch nicht weiter, darum die konkrete Frage: Wie kann man das ändern? Der berühmte Medientheoretiker Marshall McLuhan gab auf diese Frage die kommunikationswissenschaftlich fundierte Antwort, die Kirche solle „nur noch das Höllenfeuer predigen“. Er meinte damit aber nicht, dass die Pfarrer grimmiger gucken und die Kirche den Leuten Angst machen sollte. Er ging vielmehr davon aus, dass man nicht über das Wesentliche reden kann, ohne dass einen das nackte Grauen packt.

Die Angst kommt automatisch, wenn man ernsthaft über jenseitige Dinge spricht.

Und wer glaubt, das könne man den Menschen nicht zumuten, kennt die Absatzzahlen des Horrorbuch- und Computerspielmarktes nicht. Die Menschen sehnen sich danach, dass über Transzendenz gesprochen wird. Wer, wenn nicht die Kirche kann den Mut und die Zuversicht haben, die richtig beängstigenden Fragen zu stellen? Die traurige Antwort: Stephen King, J.K. Rowling oder David Wong.

Transzendente Erlebnisse machen die Menschen heute nicht mehr in der Kirche, sondern in Computerspielen oder bei der Lektüre von Fantasy und Horrorliteratur.

Dieses Genre stellt jene Fragen, für die unsere Theologie zu feige geworden ist.

Beispiel gefällig? Bitte schön. Er stammt aus dem Buch  „John dies at the end“ von David Wong:

Hattest Du schon einmal einen Traum, der mit einem Knall endete? Vielleicht feuerte im Traum jemand eine Waffe auf Dich ab. Und als Du wach wurdest, verschmolz der Pistolenknall in den Lärm einer umgekippten Mülltonne vor Deinem Fenster. Nun die verzwickte Frage: Woher wusste Dein Gehirn, dass die Mülltonne umfallen würde? Kann etwas in Dir hellsehen? Hier sind zwei Antworten, beide der Horrorliteratur entnommen:

1. Zeit ist kein linearer Ablauf, sondern eine Einheit, ein Ozean. Im Traum verlassen wir die Zeit, betreten die Ewigkeit und alles geschieht gleichzeitig. Darum war es für Dein Gehirn kein Problem, den Müllmann mit dem Pistolenschuss zu synchronisieren.

2. Die meisten unserer Träume, auch die längsten, dauern nur wenige Sekunden. Zeit kann also unterschiedlich lang empfunden werden und die Zehntel Sekunden zwischen Mülltonne und Aufwachen haben dem Gehirn gereicht um eine gefühlt halbstündige Storyline zu entwerfen, an deren Ende der Schuss fällt.

Faszinierende Gedanken, was? Und jetzt bist Du dran, vor allem wenn Du Priester oder Theologe bist. Aber auch, wenn Du Dich als gläubigen Journalisten siehst: Rede über so was! Aber bitte auf Deutsch und nicht auf Theologisch. Hab keine Angst davor, für verrückt gehalten zu werden. Stelle Fragen und gib Antworten aus dem Evangelium. Dann kommen wir „Zurück zum Wesentlichen“.

To be continued …