Ostern ist ein Skandal … !

Da gerade wieder tausend fromme Texte über die Bedeutung von Ostern im Netz herumschwirren, hier eine kleine Faktensammlung. Ostern ist ein Skandal, denn dabei feiern Christen folgendes:

  • Ein Mann wurde am Kreuz brutal hingerichtet, begraben und lag drei Tage mausetot im Grab.
  • Nach drei Tagen wurde er plötzlich wieder lebendig und stand auf.
  • Obwohl weder zu Lebzeiten ein Schwarzenegger noch nach der Kreuzigung in sonderlich guter Verfassung, überwand er den zentnerschweren Felsblock, der das Grab verschloss.
  • Wieder an der frischen Luft begegnete er vielen seiner alten Weggefährten, die ihn zwar erst alle nicht wiedererkennen, dann aber derart überzeugt von seiner Story sind, dass sie eine Weltreligion gründen.
  • Sie sagen: Der Mann war „Gottes Sohn“, d.h. eine Materialisierung Gottes in Zeit und Raum.
  • Der Mann starb und stand nicht für sich selbst wieder auf, sondern überwand damit für alle Menschen ein ehernes Naturgesetz. Konkret heißt das: Weil er starb und wieder auferstand, werden alle Menschen, die an ihn glauben, selbst auch wieder auferstehen.

Sorry, aber wenn man das so liest, klingt das für heutige Ohren wie „Fake News“. Würdest Du das glauben, wenn Dir das exakt so heute eine russische Nachrichtenagentur melden würde? „Alles Spinner jenseits der Wolga“, würde man murmeln und die Meldung wegklicken. Während die ersten drei Punkte noch eine gute Hollywood-Story hergeben, sind die letzten drei schlicht und einfach nur „unglaublich“. Eine derart der täglichen Erfahrung widersprechende abstrakte Gedankenkonstruktion scheint offensichtlich darauf abzuzielen, den Menschen mit ausgedachten „Fake News“ die Angst vor dem Tod zu nehmen und damit ein erfolgreiches Geschäftsmodell zu starten.

Ostern ist ein Skandal

Wer tot ist, bleibt immer tot. Oder etwa nicht?

Das wäre möglich.

Oder aber, es ist alles wahr. Hinweise darauf gibt es. So zum Beispiel, dass die Weggefährten des Mannes keinen Profit aus der „unglaublichen Geschichte“ schlagen konnten, aber trotzdem an ihr festhielten. Die meisten von ihnen wurden deshalb sogar umgebracht. Und selbst diejenigen, die die neue Lehre ausrotten wollten, konnten sich das leere Grab nicht erklären. Denn die römische Armee hatte es bewacht. Trotz Verfolgung und Unterdrückung hielt sich die Botschaft im östlichen Mittelmeerraum und gelangte schließlich nach Rom. Von dort aus wurde sie Kern dessen, was wir „Europa“ und „Abendland“ nennen. Christen, denen ihr Glauben rein materielle Vorteile verschaffte, gab es erst viele Jahrhunderte später. Also wäre die Sache zumindest für die Weggefährten des Mannes eine – mit Verlaub – saudumme Geschäftsidee gewesen.

Aber gut, viele Menschen machen Dummheiten und verlieren dabei ihr Leben. Warum ich die Geschichte glaube, liegt an ihrer übermenschlichen Stimmigkeit. Was meine ich damit? Nun die meisten Weltreligionen haben in sich stimmige Welt- und Gotteserklärungskonzepte nach den Regeln des „gesunden Menschenverstandes“ aufgebaut. Das haben sie, wie Chesterton einmal bemerkte, mit Geisteskranken gemein, denn auch deren Weltbilder sind in sich schlüssig. Nicht so das Christentum. Ostern ist nicht logisch oder nach menschlichem Ermessen stimmig. Ostern ist ein unfassbarer Einbruch der Transzendenz. Ostern ist ein Skandal, an dem sich die Geister scheiden.

Und genau das passt zum Mann am Kreuz und im Grab, passt zu Jesus Christus. Ein einfacher Sohn eines Zimmermanns kommt da plötzlich mit einer revolutionären Ethik, einer Philosophie und einer Heilsbotschaft daher, wie sie die Welt noch nie gesehen hat. Wo um alles in der Welt hatte er seine Weisheiten her? Wie kam er auf die ungeheuerlichen Dinge, die er sagte und tat? Der Mann ist ein Rätsel, das unlösbar bleibt, so lange man seinen Worten nicht glaubt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ Wer ihm folgt, folgt keinem Menschen sondern einer übermenschlichen Botschaft, einer Offenbarung. „Liebt eure Feinde!“ Das ist nicht menschlich, das schaff‘ ich nicht mal im Straßenverkehr, aber ist es deshalb „Fake News“? Nein, das führt weiter, viel weiter. Wer an Ostern glaubt, begibt sich auf schwankenden Boden. Ostern ist unglaublich, nicht zu beweisen. Aber es passt zu Jesus Christus, darum ist es glaubhaft.

Das heißt nicht, dass ich nicht skeptisch bin. Aber ich glaube und bin gespannt auf meine eigene Auferstehung. Und wer mich deshalb belächelt, der sollte mal überlegen, was ich dadurch riskiere. Genau. Nichts.

Die Fastenzeit mit Fight Club verstehen

Die katholische Kirche und Chuck Palahniuk mögen wenig miteinander zu tun haben – die Verfilmung seines Buchs „Fight Club“ eignet sich aber hervorragend als Start in die Fastenzeit.

Fastenzeit mit Fight Club

Jesus Christus statt Tyler Durden – darum geht’s in der Fastenzeit …

Die Fastenzeit mit Fight Club einzuläuten – das ist nicht so abwegig wie es klingt, denn einige Zitate aus dem Film scheinen quasi am Aschermittwoch geschrieben worden zu sein:

„Zuerst musst du wissen, nicht fürchten, sondern wissen, dass du einmal sterben wirst.“

Genau darum geht es am Aschermittwoch in der Kirche: „Gedenke, Mensch, dass du Staub bist und zu Staub zurückkehrst“, sagt der Priester, wenn er den (mehr oder weniger) Gläubigen ein Kreuz aus Asche auf den Kopf streut. Das Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit geht mir im Alltag oft komplett ab – in der Fastenzeit soll dieser Alltag durchbrochen und wieder auf tragfähige Fundamente gestellt werden. Dazu muss ich mir klar machen, was Fight-Club-Held Tyler Durden mit den folgenden Worten beschreibt:

„Du bist nicht dein Job! Du bist nicht das Geld auf deinem Konto! Nicht das Auto, das du fährst! Nicht der Inhalt deiner Brieftasche! Und nicht deine blöde Cargo-Hose! Du bist der singende, tanzende Abschaum der Welt.“

Wer ein Problem mit dem Begriff „Abschaum der Welt“ hat, dürfte vermutlich auch ein Problem mit dem Begriff „Sünde“ haben. Ohne die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen wäre aber die Fastenzeit und damit auch Ostern selbst sinnlos. Nur weil die ursprüngliche Krone der Schöpfung sich zum „Abschaum der Welt“ entwickelte, musste Gott seinen Sohn auf die Welt schicken. Nur weil sich der Mensch so weit von dem entfernt hatte, was er eigentlich ist, musste Jesus Christus sterben und auferstehen. Mal wieder herunterzukommen vom täglichen hohen Ross und meine eigene Erlösungsbedürftigkeit im ganzen Ausmaß zu begreifen – darum geht es in der österlichen Bußzeit. Nur wenn ich mir meiner Lage bewusst werde, kann ich mich ändern:

„Eine ganze Generation zapft Benzin, räumt Tische ab und schuftet als Schreibtischsklaven. Durch die Werbung sind wir heiß auf Klamotten und Autos, machen Jobs die wir hassen und kaufen Scheiße, die wir nicht brauchen. Wir wurden durch das Fernsehen in dem Glauben aufgezogen, dass wir alle mal Millionäre werden, Filmgötter, Rockstars. Werden wir aber nicht, und das wird uns langsam klar.“

Diese knallharte Analyse in „Fight Club“ unterscheidet sich nicht von der eines gläubigen Christen: Dieses materialistische „vor-sich-hin-leben“ bringt’s nicht, beutet mich nur aus, macht mich kaputt. Nur ist die Schlussfolgerung eines Christen eine andere als die in „Fight Club“. Während der Held dort einen wütenden Aufstand gegen die Gesellschaft beginnt und schließlich eine faschistische Terrororganisation gründet, um die Welt zurück in die Steinzeit zu bomben, findet die menschliche Verzweiflung im Christentum ein besseres Ventil: Ich muss mich ändern, nicht die anderen. Durch Gebet, intensive Suche nach Gott und aktive Nächstenliebe.

Das ist gelebte Fastenzeit und das tut mir gut.

Lesetipp: Mediale Betrachtungen in Zeiten des Terrors …

… oder vielleicht besser: Terrorbetrachtungen in Zeiten der Medien?

In der empfehlenswerten Tageszeitung „Die Tagespost“ habe ich die aktuelle Medienberichterstattung zur „Bedrohung“ durch den Terror aus Sicht der Theorien des Medienwissenschaftlers Marshall McLuhan beschrieben und einige biografische Hintergründe über den Katholiken McLuhan zusammengetragen.

Den Artikel finden Sie hier (klicken)!

„Gott“ ist ein schönes Wort – aber was bedeutet es?

Warum heißt Gott eigentlich Gott? Wo kommt das Wort her? Und was hat diese Frage mit uns Deutschen zu tun? Also was unterscheidet „Gott“ zum Beispiel vom französischen „Dieu“ oder dem spanischen „Dios“? Folgen Sie mir, es wird interessant!

Fangen wir mit unseren südwestlichen Nachbarn an: Die Wurzel für „Dieu“ und „Dios“ liegt im lateinischen Wort „deus“. Dieses Wort wiederum stammt von „dies“, was „Tag“ oder im Ursprung auch „Himmel“ bedeutet. Der römische Göttervater heißt Jupiter – dieser Name setzt sich zusammen aus „Dies“ und „Pater“, was man mit „Himmelsvater“ übersetzen kann. Damit verbindet sich die Vorstellung eines autonomen überirdischen Wesens, das über seine Schöpfung wacht.

Wort Gott Herkunft

Das ist es. Doch woher kommt es?

Woher kommt nun das Wort „Gott“? Dafür gibt es zwei Theorien, denen ich eine Dritte hinzufügen werde. Bis in die Wikipedia hinein haben es zwei indogermanische Wurzeln geschafft. „Gheu“ für „(an)rufen“ oder „gießen“ führte demnach zu „ghuto“ und dies zu „Gott“. Nun besteht zwischen „anrufen“ und „gießen“ ja ein kleiner Unterschied, darum denken wir doch mal beide Wurzeln zu Ende.

Würde „anrufen“ im Wort „Gott“ stecken, würde es ausnahmslos jedes jenseitige Wesen bezeichnen, das je von den Menschen um Hilfe gebeten wurde. Das wäre aus zwei Gründen seltsam: Zum einen würden den damaligen Menschen dann für Engel, Dämonen und Geister die Worte fehlen – und das war bei unseren abergläubischen Vorfahren nun nachweislich nicht der Fall. Und zum zweiten hätten unsere Vorfahren ihren „Gott“ dann schon durch die Definition als mit Bitten zu bestürmendes und beeinflussbares Wesen erkannt. Die Allmacht, Unberechenbarkeit und Schöpfungsgewalt bliebe durch so eine Sicht schon sehr auf der Strecke. Man wäre bei der Begriffsbildung dann nämlich nicht vom zu beschreibenden Objekt, sondern vom Menschen ausgegangen: Gott ist der, den Menschen anbeten. So eine Aussage geht vom Subjekt aus, ist konstruktivistisch und somit sehr modern. Mit derselben Logik könnte man ein Flugzeug als „Gerät, in das sich Menschen hineinsetzen um durch die Luft von a nach b zu gelangen“ beschreiben. Das ist nicht falsch, es würde so aber niemand sagen. Viel eher würde man von den Eigenschaften des Objekts ausgehen und sagen „ein Flugzeug ist ein Gerät, das fliegt“. Daher ist es logischer, dass unsere Vorfahren mit dem Wort „Gott“ vor allem dessen Wesen beschreiben wollten und nicht, wie sie zu ihm stehen. Ist das beim Wort „gießen“ der Fall? Nicht, wenn man der Mehrheit der Etymologen (also Wortwurzelforschern) glaubt. Die sagen nämlich, „gießen“ weise auf dargebrachte Trankopfer hin, es gehe also in dieselbe Richtung wie die erste Erklärung: Gott ist der, dem Menschen Opfer darbringen. Das leuchtet mir wie gesagt nicht ein. Viel stimmiger finde ich, dass Gott als „Ausgießer“ von Gnaden, Glück und gutem Wetter betrachtet wurde. Das würde auch viel stärker mit der romanischen Sicht des Jupiter als Himmelsvater zusammenpassen.

So, aber jetzt wird’s richtig wild, denn jetzt kommt auch noch das Wort für die Deutschen ins Spiel! Wie wir aus „Asterix“ wissen, hießen die ja mal „Goten“. Hoppla. Merken Sie was? Ja genau: Das ist derselbe Wortstamm! Allerdings in einer etwas schlüpfrigeren Variante, darum lassen Sie mich hier sicherheitshalber aus der seriösen „Geschichte der Westgoten“ von Gerd Kampers (S. 24) zitieren: „Es dürfte sich bei „Gutones“ (Goten) um ein nomen agentis im Sinne von ‚Samen ergießen‘ handeln.“ Äh, Moment, Herr Kampers!? Wollen Sie uns damit sagen, dass sich unsere Vorfahren selbst freiwillig und kollektiv als „Samenergießer“ bezeichnet haben!? Asterix bei den Samenergießern? Kann nicht sein, oder!?

Doch, es sieht ganz so aus – und damit wären wir mal wieder bei einem guten alten Problem der Historiker: Man geht bei der Betrachtung früherer Zeiten immer von sich selbst und seinem aufgeklärten, emanzipierten und hochgeistigen Leben aus. Das funktioniert aber nicht, denn unsere chauvinistischen Macho-Vorfahren tickten aus vielen Gründen noch ganz anders. Überträgt man die Erkenntnis des Wortes „Goten“ nun auf „Gott“, dann ist er der Lebensspender und der Schöpfer. Das ist doch schon eine deutlich andere Sichtweise als die eines angebeteten Götzen und passt ebenso wunderbar zu den nördlich der Alpen hinreichend bekannten Fruchtbarkeitskulten wie auch zur romanischen Deutung des „Vaters“. Denn was ist ein Vater anderes als ein …, na, Sie wissen schon!

Nun sind wir heute keine Goten mehr, sondern Deutsche. Aber Gott heißt immer noch Gott. Was macht dieses Wort mit uns? Es sollte uns Gläubigen reiche Frucht bringen und ein Leben in Fülle verheißen. Zum Abschluss ist das doch noch ein schöner Gedanke zu einem schönen Wort mit leicht unschöner Herleitung.

Das Statement an den Grenzen des Dialogs

Wir sind offen, wir sind tolerant, wir können über alles reden. Und doch gibt es deutliche Grenzen des Dialogs in unserer Gesellschaft.

Ich bin ganz entschieden für Kommunikation, für das miteinander-reden. Und ich kann es nicht leiden, wenn wem der Mund verboten werden soll. Egal, ob er/sie Dutschke heißt oder Schwarzer, Pirnicci oder Matussek. Widersprechen darf und soll man – aber ausgrenzen und abschießen? Niemals! Ich habe die Intoleranz gegenüber anderen Meinungen in den Sozialen Medien thematisiert. Die Antworten waren ernüchternd: Prinzipiell waren nämlich immer die anderen schuld! Eher links stehende Freunde wiegelten jede Kritik mit dem Hinweis auf den Anstieg rechter Gewalt ab, die rechte Fraktion machte dasselbe in grün – im wahrsten Sinne des Wortes.

Wer sich Kritik jedoch allein mit dem Hinweis darauf verbietet, dass andere „noch schlimmer“ seien, der ist vor allem eines: Schlimm.

Denn damit sind wir an den Grenzen des Dialogs angekommen. Wie will man mit jemandem diskutieren, für den sein Zweck alle Mittel heiligt? Der sich und sein Grüppchen als ewiges Opfer sieht und damit zum „zurückschlagen“ berechtigt? Man kann es nicht. Und man sollte es nicht.

Grenzen des Dialogs Wutbürger

Die Grenzen des Dialogs wie sie einem bei Facebook täglich begegnen. Name und Adresse wurden von mir entfernt. Der Verfasser dieses Aushangs scheint sich immerhin in Behandlung zu befinden.

Es wäre nämlich ganz einfach vergeudete Zeit. Es gibt dennoch ein Gegenmittel – und wie so oft findet man es im Evangelium: Bei sich selbst anfangen.

Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen! – und dabei steckt in deinem Auge ein Balken? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, dann kannst du versuchen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen. (Matthäus 7, 3-5)

Stellen Sie sich doch einmal vor, wenn das jeder beherzigen würde! Wie leer dann doch die Facebook-Timeline und die Talkshows wären – von den Boulevardblättern ganz zu schweigen. Parteien würden sich endlich ihrer eigenen Uneinigkeit und Eitelkeit stellen. Sachliche Arbeit und Fakten würden die Politik regieren. Persönliche Angriffe, hektische Überreaktionen und Geldverschleuderung wären ausradiert. Eva Herman würde noch die Nachrichten lesen, während ihr der alternde Rudi Dutschke im Kreis seiner Enkel dabei zusieht. Und Donald Trump wäre bereits vor einigen Jahren explodiert. Das Paradies! Daher der Appell: Halten Sie Ihr eigenes Haus rein und helfen Sie anderen. Das ewige herummäkeln bringt uns nicht weiter.

Ja aber, ich bin doch ein armes Opfer! Nicht wahr? Ja was ist denn nun, wenn plötzlich die ganze Welt gegen mich ist, mich hasst, mich verfolgt oder mir zumindest meine Existenzgrundlage unter den Füßen wegzieht, wenn ich als Publizist unangenehme Dinge anspreche? Was sagt die Bibel dann? Nun, dem ein oder anderen wird nicht entgangen sein, dass auch Jesus Christus selbst ein Opfer von übler Nachrede und Verrat war. Seine Existenzgrundlage endete am Kreuz. Die Passionsgeschichte ist darum das beste Beispiel, wie man sich auch in einem medialen Shitstorm verhalten sollte. Die folgende Bibelstelle hat mich in der Beziehung schon immer schwer beeindruckt:

„Als Jesus vor dem Statthalter stand, fragte ihn dieser: Bist du der König der Juden? Jesus antwortete: Du sagst es. Als aber die Hohenpriester und die Ältesten ihn anklagten, gab er keine Antwort. Da sagte Pilatus zu ihm: Hörst du nicht, was sie dir alles vorwerfen? Er aber antwortete ihm auf keine einzige Frage, sodass der Statthalter sehr verwundert war.“ (Matthäus 27, 11-14)

Jesus gibt kein Statement ab, er ist ein Statement. In diesem Moment hat der Meister des Dialogs die Grenzen des Dialogs erreicht. „Du sagst es.“ Mehr gibt es nicht zu sagen. Ich kann darum allen Stalking-Opfern nur raten: „Bleib höflich und sag nichts, das ärgert sie am meisten.“ (Die Ärzte)

Nicht drauf eingehen. Wenn der Vorwurf falsch ist, einfach weiterarbeiten als sei nichts gewesen. Ich muss niemandem beweisen, dass ich kein Nazi bin. Oder kein Autonomer. Ich bin’s nicht und ich werd’s nie sein. Warum also verteidigen? Bringt nichts, nur heiße Luft. Und davon gibt es schon viel zu viel.

Kommunikation für Christen: Praxis-Tipps vom Schöpfer

Kommunikation für Christen: Gottes Vorbild und mein Handeln …

Kommunikation ist aus christlicher Sicht ein schöpferischer Akt und prinzipielles Merkmal des Lebens. So weit, so abstrakt. Aber wie gelingt Kommunikation für Christen ganz konkret? Diese Frage beantwortet Gott selbst mit seinem Handeln – zum Beispiel ganz am Anfang der Bibel im Buch Genesis:

Kommunikation für Christen: Gott sprach und es wurde

Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser. Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Gott schied das Licht von der Finsternis und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht.
(Genesis 1, 1
-5)

Und bei der Berufung des Mose im Buch Exodus:

Da sagte Mose zu Gott: Gut, ich werde also zu den Israeliten kommen und ihnen sagen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt. Da werden sie mich fragen: Wie heißt er? Was soll ich ihnen darauf sagen? Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin der «Ich-bin-da». Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der «Ich-bin-da» hat mich zu euch gesandt. (Exodus, 3, 13+14)

Gott spricht in beiden Texten. Und immer gelingt ihm die Kommunikation geradezu explosiv: In Genesis erschafft er die Welt, in Exodus offenbart er sich den Menschen. Kommunikation bedeutet für Gott: Er greift direkt ein. Der in der Dreifaltigkeit angelegte Kommunikationskreislauf Gottes externalisiert sich und schafft Leben.

Mehr noch: Wenn Gott in der Genesis sagt „Es werde“, ist das im hebräischen Urtext mit demselben Wort ausgedrückt wie das „Ich bin“ im Exodus-Text (im Zitat fett hervorgehoben). Der Schöpfungsakt wird damit direkt auf das Wesen des Schöpfers zurückgeführt: Gott handelt, weil er ist und er kann nur schöpferisch handeln, weil er so ist, wie er ist. Seine Botschaft an Mose lautet also übersetzt: „Es gibt mich und ich habe Euch geschaffen – zieht daraus Eure Konsequenzen!“

Wie also kommuniziert Gott in beiden konkreten Beispielen? Auf keinen Fall wie ein Zeuge Jehovas, der von Tür zu Tür rennt und einem mit dem Wachturm vor’m Gesicht herumwedelt. Das ist keine Option in der Kommunikation für Christen. Gottes Handeln ist von seinem Sein untrennbar.

Gott kommuniziert, indem er ist. Und wir sollten das ebenfalls.

Das mag kompliziert klingen, dürfte aber auch jedem atheistischen Sinnsucher einleuchten: Sinn findet man nur, indem man die Dinge auf das Wesentliche reduziert. Und je wesentlicher etwas ist, desto schwerer wird es in Worte zu fassen. Von menschlicher Seite aus ist Gott nur erlebbar, nicht rational erfassbar, wie ich es hier bereits einmal skizziert habe (Gotteserfahrung ist Perzept, nicht Konzept).

Was heißt das nun konkret auf den Menschen und unsere Kommunikation untereinander übertragen? Auch unsere Kommunikation gelingt nur dann, wenn sie …

  1. … unserem Sein entspricht. Konkretes Beispiel: Auf wen hören wir mehr? Auf die in sich ruhende Großmutter, die leise behutsame Worte spricht oder auf den hyperventilierenden Fernsehprediger mit perfekt sitzenden Bibelsprüchen?
  2. … schöpferisch ist und nicht leer zurückkehrt (vgl. Jes. 55,11). Konkretes Beispiel: Dieser Beitrag von mir zum Katholikentags-Plakat ist erst mal nur eine Kritik. Zu gelungener Kommunikation würde er nur dann, wenn er etwas bewegen würde. Ob das der Fall ist, ist oft aber schwer zu beurteilen, da die Wirkung meist nur im Verborgenen geschieht.
  3. … unser Sein erweitert und ihm entströmt. Konkretes Beispiel: Peter macht am liebsten in Ruhe Bürokram. Beate liebt den Kontakt mit Menschen. Wer ist besser für den Kundenkontakt geeignet? Klar: Beate. Weil sie dann so sein darf, wie sie ist. (Einziges Problem: Manche Leute wissen nicht, wie sie sind. Sie denken, ganz toll mit Menschen umgehen zu können, sind aber dabei ganz arge Schreckschrauben (m/w)).

Man könnte diese Liste noch fortsetzen, doch ich möchte hier im Grunde nur dazu ermutigen, Gottes Beispiel: Erst kommt das Sein, dann kommt die Kommunikation für Christen. Wer (noch) keine Substanz hat, sollte erst einmal daran arbeiten, bevor er/sie die Welt mit seinen/ihren Ergüssen beglückt. In diesem Sinne möchte ich mit der mir lieb gewordenen goldenen Kommunikations-Regel schließen:

„Wenn Du nichts zu sagen hast, dann sag lieber nichts.“

Kommunikation für Christen: Biblische Grundlagen.

Kommunikation für Christen: Kenne die biblischen Grundlagen

Journalisten sind kritische Zeitgenossen und tun sich deshalb meist eher schwer mit Religion und Glauben. Selbst katholische Publizisten haben vor einiger Zeit in einer Umfrage erklärt, nicht ihren Glauben verkünden, sondern lediglich nüchtern berichten zu wollen. Da frage ich nach: Wenn Du nicht schreibst, was Du glaubst, was schreibst Du dann? Ich sage: Kommunikationswissenschaft sollte für Christen eigentlich die Königsdisziplin sein – mindestens gleichauf mit der Theologie. Die Bibel gehört kommunikationswissenschaftlich betrachtet, damit man die Grundlagen seines Tuns versteht. Los geht es mit dem Anfang des Johannes-Evangeliums:

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.  In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.

(Johannes 1, 1-2)

Kommunikation für Christen - Gott ist Kommunikation

Gott ist Kommunikation

Man lasse sich das auf der Zunge zergehen: Kommunikation stand am Anfang der Schöpfung. Gott kommunizierte, ja: Er war Kommunikation. Was das bedeutet, ist vielschichtig:

Zum einen ist das ein Hinweis auf die Dreifaltigkeit Gottes. Dreifaltig, das bedeutet, dass Gott sich in sich selbst genug ist. Er braucht keine Menschen und keine Schöpfung und er braucht sie deshalb nicht, weil er aus einem in sich geschlossenen Kommunikationskreislauf besteht. „Vater“, „Sohn“ und „Heiliger Geist“ – drei inhaltsreiche theologische Begriffe, die an dieser Stelle der Einfachheit halber nur für drei „personalisierte Eigenschaften“ Gottes stehen sollen – sind in erfüllter Kommunikation versunken und existieren ohne Not und Mangel. Deshalb kann man sagen: Gott ist Kommunikation. Nicht ausschließlich natürlich, aber es ist ein wichtiger Aspekt.

Von diesem Grundsatz erzählen die ersten beiden Sätze des Johannes-Evangeliums. Im dritten Satz wird die Schöpfung erzählt: Alles wird geschaffen, wodurch? Wieder durch „das Wort“, die Kommunikation! Diesmal durch die aus der göttlichen Sphäre ausströmende Kommunikation. Wissenschaftlich formuliert hat Gott also einen rein intrinsischen Vorgang externalisiert. Das war neu, kreativ und innovativ. Geschaffen wurde dadurch nicht nur ein Kommunikationsstrom vom Schöpfer aus, sondern alles, was nicht direkt Gott ist: Zeit, Raum, Materie, Leben. Der Moment, in dem Gott die Kommunikation nach außen wandte, war der christliche Urknall.

Hätten wir also Gott und die Schöpfung in vier Sätzen erklärt bekommen. Doch Moment, da steht: „Das Wort war Gott“. Ist Gott also ausschließlich Kommunikation, etwas Unpersönliches? Nein, denn „das Wort“ im griechischen Original heißt „Logos“. Und das bedeutet nicht nur „Wort“, sondern auch „Sinn“ und wurde oft als Synonym für „Gott“ verwendet. Logos, das heißt: manifestiertes, fleischgewordenes Wort. Logos, das heißt kommunikationswissenschaftlich formuliert: Die greifbare und persönliche Externalisierung Gottes in der Schöpfung durch Materie gewordene Kommunikation.

Christen nennen diese „Externalisierung“ Jesus Christus. Vereinfacht gesagt heißt „Das Wort war Gott“ also: „Jesus Christus war Gott.“ Daher gehört Kommunikation für Christen zum Glaubensbekenntnis.

Sternenhimmel Jordanien - Licht und Finsternis

Licht und Finsternis – Der Sternenhimmel über der jordanischen Wüste.

Ein letzter Aspekt: Im Wort war das Leben und das Leben war das Licht. Es leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. Nachdem bisher nur von Schöpfung und Leben die Rede war, lenkt Johannes nun den Blick auf das Gegenteil: Die Finsternis. Diese ist aber keine Nicht-Kommunikation, sonst wären Schweigemönche arge Ketzer. Nein, die Finsternis wird hier als das Gegenteil von Leben dargestellt. Mehr noch: Als die Umgebung, das externe Umfeld des Lebens. Merken wir was? Das Leben und die Schöpfung verhalten sich zur Finsternis wie sich Gott vor der Schöpfung zu seiner nichtexistenten Umgebung verhalten hat: Die Schöpfung ist wie Gott selbst ein in sich geschlossener Kommunikationskreislauf der allein durch seine Existenz leuchtet und den die Nichtexistenz nicht erfassen kann. Was nun also ist die Aufgabe dieser Schöpfung? Natürlich den Schöpfer zu imitieren: Den intrinsischen Vorgang zu externalisieren, selbst schöpferisch tätig zu sein, Gottes Schöpfung auszuweiten und „die Finsternis“ zurückzudrängen.

Das, liebe Leute, ist Kommunikation für Christen:
Ein leidenschaftlicher Schöpfungsvorgang, der Neues hervorbringt.
Keine neutrale Nabelschau, sondern ein Lebensspendendes Heilsystem.

Moment. System? Alle Soziologen und Kommunikationswissenschaftler unter meinen Lesern sollten nun Schnappatmung bekommen, denn, jawohl: Was hier in Johannes 1, 1-2 kurz und knapp zusammengefasst wird hat der gute Prof. Dr. Niklas Luhmann in über jahrzehntelanger harter Arbeit völlig untheologisch als Beschreibung der menschlichen Gesellschaft ausgearbeitet – nachzulesen in seiner Systemtheorie.

Ich lasse Sie das mal googlen und verabschiede mich für heute bis zum nächsten Mal – denn es gibt noch mehr Lehrstücke aus der Bibel zum Thema „Kommunikation für Christen“.

Katholikentag 2016: Das Leiden Christi und das ZdK.

Vergangene Woche bekam ich per Post die Einladung zum Katholikentag 2016.

Nun bin ich per se kein Großveranstaltungsmensch und enthalte mich daher normalerweise der Kritik an solchen Veranstaltungen. Ich würde schließlich auch keine Bierkritik von jemandem lesen wollen, der Bier nicht ausstehen kann. Doch dieser Werbebrief war nun so „besonders“, dass ich ihn zumindest mal einem Dreijährigen zeigen musste. Denn alle im Design tätigen Menschen wissen: Kinder haben ein feines Gefühl für das Wesentliche und einen untrüglichen eingebauten Bullshit-Detektor.

KT-Leipzig_Plakat1-Frau-Kritik, Katholikentag 2016

„Mama, warum ist der Frau schlecht?“ fragte das Kind daraufhin seine Mutter. Warum es das dachte, ist schnell erklärt: Die Dame ist grün im Gesicht! Das ist vielleicht ein Wunschtraum von Katrin Göring-Eckart, aber sonst eher weniger gesund. Was wollte mir das „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ (ZdK) mit seiner Einladung sagen? „Uns ist schlecht, aber wir kommen trotzdem zum Katholikentag 2016“?

Nun gehe ich einmal optimistisch davon aus, dass die Farben des Bildes nicht aus parteipolitischen Präferenzen heraus ausgewählt wurden (wobei auch das leider möglich ist). Bestimmt wollen sie gemeinsam mit dem Bildmotiv etwas über den Inhalt des Katholikentages und das Leitwort „Seht, da ist der Mensch“ aussagen. Schau ich also auf die Seite des Katholikentag 2016 und lese dort:

„Seht, da ist der Mensch“ ist ein Leitwort, das Position bezieht. Es lenkt den Blick auf die Leidenden, Benachteiligten, Verfolgten, auf die Schwachen in unserer Welt. Die Bibel überliefert, dass es ist ein Richter war (sic!), der voll Spott diese Worte an sein Publikum richtete und dabei auf einen Angeklagten zeigte, den er auf grausamste Weise hat demütigen und foltern lassen, den er zutiefst in seiner Würde verletzen wollte. Wenn Pontius Pilatus auf den gefolterten und verspotteten Jesus zeigte und die Worte sprach, die für das Leitwort des Katholikentags ausgewählt wurden, „Seht, da ist der Mensch“, dann zeigte er in diesem Menschen Jesus auf den Menschen schlechthin, der da hängen gelassen wurde, draußen vor den Toren der Stadt, ausgegrenzt, am Ende. Aber er zeigte auch auf den Gott, an den wir Christen glauben, einen Gott, der mit den Menschen leidet.

„Ecce homo“, ah, verstehe! Man wollte also einen auf grausamste Weise gedemütigten, benachteiligten Menschen darstellen. Einen, der trotz Rollkragenpulli furchtbar friert, wie die tapfer verschränkten Arme andeuten. Hier, meine Damen und Herren, sehen Sie das Leiden Christi von heute: Kein Kriegsopfer, kein Vertriebener oder Flüchtling, kein Obdachloser, kein Ausgegrenzter. Nein, das Leiden Christi ist heute nach Meinung des Katholikentag 2016 offenbar:

Eine frierende grün-rote Frau im Rollkragenpulli, der ganz doll schlecht ist.

Jetzt ist mir auch schlecht.

Das Papst Franziskus Rezept: Perzept statt Konzept.

Große Verwirrung stiftet Papst Franziskus gerne in allen Kirchenlagern.

Einerseits benennt er klar und deutlich die moralischen Probleme unserer Zeit: Er geißelt Gender-Ideologie und Abtreibung als inakzeptabel, kritisiert Kapitalismus und Auflösung der Familie. Andererseits ist er der Rockstar unter den Päpsten und bringt verwirrende Aktionen, die selbst Jesse Pinkman den Mund offen stehen lassen würden – so wie neulich die Tischzauberer-Nummer während seines USA-Besuchs. Diesen PR-Einlagen lässt er auch konzeptionell Taten Folgen: Er beruft die Familiensynode ein, senkt bürokratische Hürden im Ehenichtigkeitsverfahren, ruft ein Gnadenjahr der Barmherzigkeit aus und verlangt mehr Bescheidenheit von Amtsträgern und Gläubigen.

Papst Franziskus - Bild von Agência Brasil

Papst Franziskus – Bild von Agência Brasil

Was so viele verwirrt ist eine geniale Kommunikationsstrategie, die in der Kirche längst fällig war: Nachdem sich Jahrhundertelang Päpste nur in kompliziert verschwurbelten bürokratischen Ergüssen an die Öffentlichkeit gewandt haben, ignoriert hier einer plötzlich sogar die Printform. Papst Franziskus setzt vor allem Zeichen, Bilder und Gesten ein, um den Menschen den Glauben zu vermitteln. Damit setzt er mehr auf gelebten Glauben, Taten und Bekenntnis, weniger auf Wissen, Kenntnis und theologischen Tiefgang. Wer durch Franziskus zum Glauben kommt, muss nicht unbedingt wissen, was er da glaubt. Entscheidend ist, dass er es „fühlt“ und glaubwürdig lebt. Fans seines Vorgängers Benedikt XVI., des wohl gelehrtesten Papstes der letzten Jahrhunderte, verstört das. Ich gebe zu, ich bin so ein Benedikt-Fan. Es war die scharfe analytische Kraft Ratzingers, die mich fasziniert und stark an den katholischen Glauben gebunden hat. Aber um durch Benedikt zum Glauben zu kommen, muss man enorm viel lesen. Franziskus muss man nur zusehen.

Papst Franziskus setzt auf Perzept statt Konzept

Franziskus erfüllt eine Forderung, die der Medienforscher Marshall McLuhan bereits in den 1960er Jahren an die katholische Kirche gestellt hat: Im elektronischen Kommunikationszeitalter darf sie nicht mehr argumentieren und missionieren wie zu Zeiten des Buchdruck-Monopols. Die erhöhte Kommunikationsgeschwindigkeit dezentralisiert, stellt die vatikanische Bürokratie vor unlösbare Kommunikationsprobleme. Der Jahrhundertelang vorherrschende Versuch, den Glauben als „Konzept“ rational zu vermitteln, wird im Zeitalter elektronischer Medien sinnlos. Fernsehen, Radio und Internet appellieren nicht an unsere linke Gehirnhälfte, die für Analyse zuständig ist. Sie sprechen unsere rechte Hirnhälfte an, die jedes Phänomen ganzheitlich erfassen will. Wenn also heute jemand Armut predigt, aber hinter dem prunkvollen Petersdom wohnt, können wir das nicht akzeptieren. Da kann man argumentieren so viel man will (und es gibt gute Argumente für den Prunk), aber der Augenschein dominiert und die Kirche wird deshalb unglaubwürdig. Franziskus hat das erkannt. Darum vermittelt er den Glauben nicht als Konzept, sondern als Perzept, als subjektive Wahrnehmung.

Folgt man McLuhan, und das tue ich hier, macht Franziskus damit alles richtig. Er folgt dem Vorbild der Heiligen, die alle eines auszeichnet: Sie leben in der Gegenwart. Die Vergangenheit zählt nicht, wurde zurückgelassen. Alles, was sie begleitet, ist das lebendige Wort Gottes, der Logos, Mensch geworden in Jesus Christus und niedergeschrieben im Evangelium. Es ist die Richtschnur für das Handeln der Heiligen und indem er ihnen folgt, hat Franziskus die richtige Richtung vorgegeben. Statt lieber in der sicheren Gewissheit der Vergangenheit zu leben, betritt er Neuland und erfüllt damit die Beschreibung McLuhans für Heilige:

„Heilige wollen in der Gegenwart leben. Darum sind sie unerträglich“

Gelebter Glaube statt theologischen Grabenkämpfen – ein Stein des Anstoßes statt gemütliches Fundament. Mit diesem Papst an der Spitze muss einem nicht bange sein.

Würdiges Katern der Allgäuer Jugend nach dem Besuch von Landdiscos.

Eines weiß ich aus meiner Allgäuer Jugend sicher:

Diskotheken und Clubs sind die Mitochondrien des Hinterlandes, die Kraftwerke, aus denen die Jugend im Allgäu ihre Energie zieht. Pfui, war das ein schlimmer Satz, weisch, des goht it, so darf man nicht sprechen zwischen Isny und Immenstadt. Red´ gefälligst Dialekt, ja der Dialekt will kultiviert sein von der Allgäuer Jugend. Zwischen Doc Martens und Dreadlocks, Totenkopftattoo und Impfnarbe gehört die Sprache hier zur Körperpflege. Sie stimmt aber natürlich auch auf hochdeutsch, die Sache mit den Landdiscos im Allgäu und sie verlangt würdiges Katern. Was das ist? Lest, voran, lest!

Landdiscos im Allgäu, Freude der Allgäuer Jugend!

Landdiscos sind a) schwer zu finden b) wunderbar oder c) alles zusammen.

Jene rauchigen Kaschemmen, die sich im Nirgendwo an die Hänge der grünen und grauen Täler schmiegen. Jene Walddiskotheken mit ihrem ewig gleichen „Whole lotta love“, „I put a spell on you“ und „Narcotic“. Ihr Licht ist im Winter die einzige Verheißung von Wärme auf 50 Quadratkilometern, darum sind sie die einzigen Häuser des Allgäus, die man auch vom Weltall aus sehen kann. Zu ihnen führen ungeräumte Straßen, deren Verheißung Vereisung heißt und über die dennoch eine Karawane unzähliger rostiger Kleinwagen zum heißen Brennpunkt des Lebens und der Liebe, zu Schuppen namens „Rasta“ oder „Sonneck“ zieht. Hier, wo sich die Elite des Rock´n Roll versammelt, kippen die coolsten Säue der Nation ihre Woiza.

Neulich hat jemand die coolen Säue „baurig“ genannt. Ich glaube, der Typ hieß „Neid“. Denn wovon die Großstadtrocker, Raver und Punks träumen – die große Freiheit, Sex, Drugs and Rock´n Roll – damit wachsen die Bauernsöhne und -töchter ganz selbstverständlich auf. Die Entfernungen zwingen sie dazu, sich früh zu motorisieren. Die freie Natur und manchmal sogar Papas Hof bergen vielfältige Möglichkeiten, bewusstseinsverändernde Substanzen zu sammeln oder anzubauen. Und der DJ im „Sonneck“ ist vielleicht nicht immer ganz auf der Höhe der Zeit, hat dafür aber einen ernstzunehmenden Musikgeschmack und präsentiert sein solides Set Woche für Woche für Woche.

Allgäuer Jugend: Die wahre Jugend!

Während die Großstadtjugend in der Masse untergeht, den neuesten Trends hinterherhechelt und dabei doch immer nur die Verkleidung wechselt, hat sich das Allgäuer Jungvolk in seinem musikgetriebenen Lebensstil gemütlich eingerichtet, sind Festivalbändchen um die Handgelenke ebenso Lebensart wie der Abwrackprämie von der Schippe gefahrene und schludrig neulackierte Autos. Wer sagt, die Landjugend sei ein Freund des Tunings, muss die öden Motorfetischisten der drögen Allgäuer Kleinstädte meinen. Bauernkinder tunen nicht. Sie schrauben, basteln und hinterher sieht alles aus wie ein Traktor. Wer meint, seine Jugend in Käffern wie Kempten, Immenstadt oder Wangen verbummeln zu müssen, wird sich einst im Paradiese fragen, warum er immer nur in öden Pubs zu Schlagern dösig gesoffen oder in kalten Hallen zu Techno müde gezuckt hat, anstatt nur ein paar Kilometer weiter zwischen Hügeln und Wäldern die brüllende Hitze der Nacht und wie einem Hunter-S.-Thompson-Roman entsprungene Irre zu erleben.

Die Kehrseite des wilden Lebens ist eine vorprogrammierte morgendliche Katerstimmung, die in der von den Gletschern der Eiszeit gezeichneten Landschaft des Voralpenlandes deutlich anders ausfällt als in der Großstadt. Wer im Hinterland seinen „Kalten Truthahn“ schieben muss, sollte sich vorher versichern, alles Nötige im Haus zu haben. Denn der Weg zum nächsten Geschäft ist weit und die Ladenöffnungszeiten huldigen der Adenauerzeit. Mancherorts haben die Krämer nicht nur Samstags und Sonntags, sondern sogar Mittwochnachmittag geschlossen. Eine Tatsache, die manchem Spätkaufverwöhnten Großstädter schon das Leben oder zumindest die gute Laune gekostet hat. Dösige Sonntagsstimmung weht die meiste Zeit durchs Allgäu und so sehr sie einem beim „runterkommen“ hilft, genauso stört sie beim wieder aufpäppeln.

Würdiges Katern, morgendliche Katerstimmung, Allgäu

Würdiges Katern beinhaltet für mich den Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes.

Wo soll man nur einen bunten Film herbekommen am Sonntagmorgen, wenn das Internet noch analog und der DVD-Verleih geschlossen ist? Die eigene Sammlung beinhaltet nur schonungslos harte Thriller und Kunstfilme, doch stünde einem der Sinn nach Pipi Langstrumpf oder ähnlich infantilen Streifen, die man sonst nicht im Regal stehen haben möchte. Denn jetzt ist Embryostellungszeit, man schrumpft in die Kindheit zurück und ist doch in der Knochensägenrealität gefangen. Alles ist wie in den 70ern, ein Solidargefühl kommt auf. Man liegt im Geiste mit Jim Morrison in der Badewanne eines Pariser Hotelzimmers und keiner zieht den Abflussstöpsel. Hier bist du allein mit deinem Kater, verlorener als es in jeder Stadt der Fall wäre. Hier gibt es keine Fußgängerzonen, keine Cafés in die du dich durch eine schwarze Sonnenbrille abgeschirmt hocken und deine Wunden lecken könntest. Es gibt nur die kalt verputzte Wand, das Fenster, den Regen und Wald, Wald, Wald.

Im vor sich hin hämmernden Schädel verflüchtigen sich die Gewissheiten, kriechen Verschwörungstheorien ins Land der Tatsachen. Kennedy, die Mondlandung, Bielefeld. Alles scheint möglich in dieser fiesen, grauen Welt und dann auch noch die verdammte eigene Phantasie. Wieso eigentlich dauert ein Fußballspiel genau 90 Minuten? Wieso gibt es eine Pause nach 45? 1945 und 1990, die wichtigsten Jahre des 20. Jahrhunderts, Ende des Zweiten Weltkriegs und deutsche Wiedervereinigung, das kann doch kein Zufall sein! War der Erfinder der Kickerei vielleicht ein Prophet? Diese Kabbala macht einen noch wahnsinnig. Besser sich schmerzend aus dem Bett gequält und die Räude abgeduscht. Der Nachbarjunge spielt hinter dem Panoramafenster ein Metzelspiel auf seiner Konsole, sein Vater reißt in Gore-Tex gehüllt mit einem Spaten den Garten auf. Als die Kirchenglocken läuten, stößt du sauer auf. Dann gehst du hin zur Kirche, um Dein Inneres zu säubern. Nach der Messe kommt die Sonne raus und alles strebt ins Wirtshaus. Du strebst mit, setzt dich an den Katzentisch nahe der Küchentür und bestellst ein deftiges Fleischgericht mit Konterwoiza. Das mag der Kalte Truthahn nicht, das hasst er, das bringt die Wärme und das Leben zurück. Am späten Nachmittag verlässt du das Wirtshaus mit angenehm schweren Gliedern, plumpst ins Bett und schläfst bis zum nächsten Morgen. „Würdiges Katern“ nennt das die Allgäuer Jugend. Ja, wer so katert, katert wohl.