„Gott“ ist ein schönes Wort – aber was bedeutet es?

Warum heißt Gott eigentlich Gott? Wo kommt das Wort her? Und was hat diese Frage mit uns Deutschen zu tun? Also was unterscheidet „Gott“ zum Beispiel vom französischen „Dieu“ oder dem spanischen „Dios“? Folgen Sie mir, es wird interessant!

Fangen wir mit unseren südwestlichen Nachbarn an: Die Wurzel für „Dieu“ und „Dios“ liegt im lateinischen Wort „deus“. Dieses Wort wiederum stammt von „dies“, was „Tag“ oder im Ursprung auch „Himmel“ bedeutet. Der römische Göttervater heißt Jupiter – dieser Name setzt sich zusammen aus „Dies“ und „Pater“, was man mit „Himmelsvater“ übersetzen kann. Damit verbindet sich die Vorstellung eines autonomen überirdischen Wesens, das über seine Schöpfung wacht.

Wort Gott Herkunft

Das ist es. Doch woher kommt es?

Woher kommt nun das Wort „Gott“? Dafür gibt es zwei Theorien, denen ich eine Dritte hinzufügen werde. Bis in die Wikipedia hinein haben es zwei indogermanische Wurzeln geschafft. „Gheu“ für „(an)rufen“ oder „gießen“ führte demnach zu „ghuto“ und dies zu „Gott“. Nun besteht zwischen „anrufen“ und „gießen“ ja ein kleiner Unterschied, darum denken wir doch mal beide Wurzeln zu Ende.

Würde „anrufen“ im Wort „Gott“ stecken, würde es ausnahmslos jedes jenseitige Wesen bezeichnen, das je von den Menschen um Hilfe gebeten wurde. Das wäre aus zwei Gründen seltsam: Zum einen würden den damaligen Menschen dann für Engel, Dämonen und Geister die Worte fehlen – und das war bei unseren abergläubischen Vorfahren nun nachweislich nicht der Fall. Und zum zweiten hätten unsere Vorfahren ihren „Gott“ dann schon durch die Definition als mit Bitten zu bestürmendes und beeinflussbares Wesen erkannt. Die Allmacht, Unberechenbarkeit und Schöpfungsgewalt bliebe durch so eine Sicht schon sehr auf der Strecke. Man wäre bei der Begriffsbildung dann nämlich nicht vom zu beschreibenden Objekt, sondern vom Menschen ausgegangen: Gott ist der, den Menschen anbeten. So eine Aussage geht vom Subjekt aus, ist konstruktivistisch und somit sehr modern. Mit derselben Logik könnte man ein Flugzeug als „Gerät, in das sich Menschen hineinsetzen um durch die Luft von a nach b zu gelangen“ beschreiben. Das ist nicht falsch, es würde so aber niemand sagen. Viel eher würde man von den Eigenschaften des Objekts ausgehen und sagen „ein Flugzeug ist ein Gerät, das fliegt“. Daher ist es logischer, dass unsere Vorfahren mit dem Wort „Gott“ vor allem dessen Wesen beschreiben wollten und nicht, wie sie zu ihm stehen. Ist das beim Wort „gießen“ der Fall? Nicht, wenn man der Mehrheit der Etymologen (also Wortwurzelforschern) glaubt. Die sagen nämlich, „gießen“ weise auf dargebrachte Trankopfer hin, es gehe also in dieselbe Richtung wie die erste Erklärung: Gott ist der, dem Menschen Opfer darbringen. Das leuchtet mir wie gesagt nicht ein. Viel stimmiger finde ich, dass Gott als „Ausgießer“ von Gnaden, Glück und gutem Wetter betrachtet wurde. Das würde auch viel stärker mit der romanischen Sicht des Jupiter als Himmelsvater zusammenpassen.

So, aber jetzt wird’s richtig wild, denn jetzt kommt auch noch das Wort für die Deutschen ins Spiel! Wie wir aus „Asterix“ wissen, hießen die ja mal „Goten“. Hoppla. Merken Sie was? Ja genau: Das ist derselbe Wortstamm! Allerdings in einer etwas schlüpfrigeren Variante, darum lassen Sie mich hier sicherheitshalber aus der seriösen „Geschichte der Westgoten“ von Gerd Kampers (S. 24) zitieren: „Es dürfte sich bei „Gutones“ (Goten) um ein nomen agentis im Sinne von ‚Samen ergießen‘ handeln.“ Äh, Moment, Herr Kampers!? Wollen Sie uns damit sagen, dass sich unsere Vorfahren selbst freiwillig und kollektiv als „Samenergießer“ bezeichnet haben!? Asterix bei den Samenergießern? Kann nicht sein, oder!?

Doch, es sieht ganz so aus – und damit wären wir mal wieder bei einem guten alten Problem der Historiker: Man geht bei der Betrachtung früherer Zeiten immer von sich selbst und seinem aufgeklärten, emanzipierten und hochgeistigen Leben aus. Das funktioniert aber nicht, denn unsere chauvinistischen Macho-Vorfahren tickten aus vielen Gründen noch ganz anders. Überträgt man die Erkenntnis des Wortes „Goten“ nun auf „Gott“, dann ist er der Lebensspender und der Schöpfer. Das ist doch schon eine deutlich andere Sichtweise als die eines angebeteten Götzen und passt ebenso wunderbar zu den nördlich der Alpen hinreichend bekannten Fruchtbarkeitskulten wie auch zur romanischen Deutung des „Vaters“. Denn was ist ein Vater anderes als ein …, na, Sie wissen schon!

Nun sind wir heute keine Goten mehr, sondern Deutsche. Aber Gott heißt immer noch Gott. Was macht dieses Wort mit uns? Es sollte uns Gläubigen reiche Frucht bringen und ein Leben in Fülle verheißen. Zum Abschluss ist das doch noch ein schöner Gedanke zu einem schönen Wort mit leicht unschöner Herleitung.